Plutoniumspiele bei Erlanger KWU

■ Kraftwerk Union arbeitet seit Jahren heimlich mit Plutonium / Keine Katastrophenschutzpläne beim Ordnungsamt / Erteilte Genehmigung enthält keine Mengenbegrenzung / Samstag Aktionstag gegen KWU

Von Wolfgang Gast

Erlangen (taz) - Die Siemenstochter Kraftwerk Union (KWU) betreibt in Erlangen seit Mitte der 60er Jahre ohne Wissen der Bevölkerung ein radiochemisches Labor mit „heißen Zellen“ und arbeitet mit dem hochgiftigen Stoff Plutonium. Unklar ist, welche Mengen verarbeitet werden und ob die KWU überhaupt die nötigen Genehmigungen besitzt. In dem Labor auf dem Firmengelände im Block 34 werden unter anderem auch abgebrannte Brennelemente zu Versuchzwecken zerlegt. Einen Hinweis auf das Labor hatten AKW–Gegner im Verbot des KWU–Spazierganges vom 14.12. 86 gefunden. Mit der Begründung, daß die KWU mit spaltbarem Material arbeitet und auch in Erlangen lagert, untersagte die Stadt die Demonstration wegen der „unabsehbaren Folgen, wenn solche besonders geschützen Räume beschädigt oder durch Unbefugte betreten würden“. Nach Auskunft eines Mitarbeiters der KWU enthält das bei der KWU verwendete Material 0,6 bis 0,7 Prozent Plutonium. Die Menge Plutonium, die in nur 20 Gramm abgebrannten Brennmaterials enthalten ist, reiche aus, die gesammte Erlanger Bevölkerung an Lungenkrebs sterben zu lassen, errechnete Grünen–Mitarbeiter Dr. Theodor Ebert. Das Erlanger Ordnungsamt stellt sich für derartigen Überlegungen taub, obwohl dem Amt die Existenz des Labors seit Jahren bekannt ist. Amtsleiter Härtlein zur Frage nach Katastrophenplänen: „Momentan wird geprüft, ob überhaupt in dem vermuteten Ausmaß mit den radioaktiven Stoffen umgegangen wird.“ Einen speziellen Katastrophenplan gibt es nicht. Die KWU besitze schon seit Mitte der sechziger Jahre „mindestens einige Dutzend Genehmigungen, die zum Umgang mit radioaktiven Stoffen ermächtigen“, erklärte das bayerische Umweltministerium. Die dabei erlaubten Unmgangsmengen orientieren sich „an der Freigrenze der Strahlenschutzverordnung“ und sind weder mengen– noch gewichtsmäßig beschränkt. Möglicherweise ist die Genehmigung aber nicht der KWU als Betreiberin des radio– chemischen Labors, sondern der Muttergesellschaft Siemens erteilt worden. Für Pressesprecher Graß handelt sich es dabei jedoch nur um einen „formalistischen und rechtlich irrelevanten Gesichtspunkt“. Weiterhin bestätigte er, daß die KWU erst im Herbst letzten Jahres für das radio– chemische Labor eine neue Genehmigung beantragt hat. Mit einer Anfrage bei der bayerischen Staatsregierung wollen nun die bayerischen Grünen Auskunft darüber, mit welchen Mengen Plutonium die KWU arbeitet und ob ihr die nötigen Genehmigungen erteilt wurden. Darüber hinaus soll die Staatsregierung erklären, welche Umgangsmengen mit welchen Sicherheitsauflagen erteilt wurden und wo der anfallende Atommüll entsorgt werden soll. Im Rahmen der Aktionstage gegen die KWU, von der letzten BUKO der AKW–Gegner im Januar beschlossen, finden am Samstag eine Kundgebung und eine Demonstration in Erlangen um 11.00 Uhr statt. Treffpunkt ist der Parkplatz an der Hammerbacherstraße beim KWU–Gelände.