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Brasiliens Atomprogramm bankrott

■ Fehlschlag des Kernkraft–Konzepts durch Loch in der Staatskasse / Schrottwert der Anlagen steigt / Dem AKW–Lieferanten KWU wurde das Geschäft vermasselt

Rio de Janeiro (afp/taz) - Die staatliche brasilianische Atomenergiegesellschaft „Nuclebras“ steht vor dem Bankrott. Von diesem Monat an kann das Unternehmen nicht einmal mehr die Gehälter seiner 5.300 Angestellten bezahlen, erklärte Vorsitzender Licinio Seabra in einem am Sonntag erschienen Interview mit der Tageszeitung O Globo. Für die Geschäftsleitung werde die Lage verschärft durch einen Streik der Beschäftigten, der am vergangenen Donnerstag begonnen hat. Das ehrgeizige brasilianische Atomprogramm, für dessen Verwirklichung mit deutscher Beteiligung die Nuclebras zuständig ist, verschlingt nach Angaben Seabras täglich eine Million Dollar. Im Juni 1975 hatte Brasilien mit der bundesdeutschen Kraftwerks– Union (KWU) den Bau von insge samt acht Atomkraftwerken mit einer Leistung von jeweils 1.300 Megawatt sowie einer Anlage zur Anreicherung von Uran und zur Wiederaufbereitung abgebrannter Kernelemente vereinbart. Nach der ursprünglichen Planung sollten die acht Kraftwerke 1990 fertig sein. Die wachsenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Landes - Brasilien ist mit einer Auslandsschuld von 110 Milliarden Dollar das höchstverschuldete Land der Welt - zwangen die brasilianische Regierung im vergangenen Jahr zu einer Kurskorrektur. Nach den neuen Fristen sollten die beiden ersten Atomkraftwerke erst 1992 und 1995 ans Netz gehen. Keine Entscheidung gab es vorläufig darüber, ob die sechs übrigen überhaupt noch gebaut werden sollten. Das Material für die Errichtung der beiden im Bau befindlichen Meiler Angar II und III liegt seit 1981 in Brasilien und Hamburg auf Halde und könnte nach Meinung Seabras durch die lange Lagerzeit ernsthaft gelitten haben. Kummer bereitet Seabra auch die Abwanderung brasilianischer Techniker, die wegen der niedrigen Löhne das Land verlassen und zur Zeit durch deutsche Kollegen ersetzt werden. Selbst wenn sich die Regierung in Brasilia nochmals dazu aufraffte, die notwendigen Mittel für das Atomprogramm locker zu machen, stünde aus Mangel an geschultem einheimischem Personal die Verwirklichung immer noch in Frage, fürchtet er. Insgesamt hat das Programm bisher 4,8 Milliarden Dollar verschlungen, ohne daß ein einziges Kilowatt Strom in die Leitungen floß.

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