Generalstreik in Südafrika

■ Hunderttausende Schwarze streiken aus Protest gegen die heutigen Wahlen, an denen nur Weiße teilnehmen dürfen / Beteiligung bis zu hundert Prozent

Von Hans Brandt

Johannesburg (taz) - Mehrere hunderttausend schwarze Arbeiter beteiligten sich gestern an einem landesweiten Generalstreik, um gegen die heute ausschließlich für die drei Millionen weißen Südafrikaner stattfindenden Wahlen zu protestieren. Hunderttausende schwarze Jugendliche boykottierten außerdem die Schu len. Um Johannesburg und in der östlichen Kapprovinz war der Generalstreik besonders erfolgreich: Fast hundert Prozent aller Arbeiter blieben zuhause. In der Provinz Natal beteiligte sich mehr als die Hälfte aller Arbeiter, während in der Kapstädter Gegend nur etwa 15 Prozent der Arbeit fern blieben. Polizisten eröffneten in mehreren Schwarzen– Siedlungen das Feuer gegen Demonstranten. In mindestens vier Schwarzen–Ghettos schoß sie mit Schrotgewehren. Vereinzelt wurden Busse mit Steinen und Molotov–Cocktails angegriffen. In der Nacht zum Dienstag waren an der Grenze Südafrikas mit Zimbabwe zwei Landminen explodiert. Dabei wurde der Fahrer eines Lastwagens getötet, während drei seiner zehn Passagiere schwer verletzt wurden. Ebenfalls in der Nacht zum Dienstag explodierten in den Büros der Johannesburger Stadtverwaltung zwei Bomben. Sie richteten nur leichten Sachschaden an. Zu dem Generalstreik, der bis heute andauern soll, wurde am Montag abend in Tausenden von anonymen Flugblättern aufgerufen, die in schwarzen Wohngebieten verteilt worden waren. Eine solche Aufforderung zum Streik ist durch den seit fast elf Monaten gültigen Ausnahmezustand verboten. Es ist jedoch eindeutig, daß der oppositionelle Dachverband „Vereinigte Demokratische Front“ (UDF) und der „Kongreß südafrikanischer Gewerkschaften“ (COSATU) für den Streikaufruf verantwortlich sind. „Das Volk wird regieren!“ heißt es in den Flugblättern. „Wir fordern gleiches Wahlrecht für alle in einem einheitlichen Südafrika.“ Fortsetzung auf Seite 6 Die Sicherheitskräfte antworteten am Dienstag mit einer eigenen Flugblattaktion. „Wir sind die Freunde aller friedliebenden Menschen“, heißt es darin. „Wir dienen und schützen Euch.“ Auch ein über Soweto kreuzendes Flug zeug kündigte per Lautsprecher an, daß Leute, die zur Arbeit gehen wollen, mit dem Schutz der Sicherheitskräfte rechnen können. Proteste gegen die Wahl finden auch an südafrikanischen Universitäten statt, an denen es in den letzten Tagen wiederholt zu Auseinandersetzungen mit der Polizei gekommen war. In Kapstadt boykottieren Studenten und Dozenten die Vorlesungen, während die Johannesburger Witwatersrand Universität voraussichtlich heute geschlossen bleiben wird. Die Regierung in Pretoria hat angekündigt, daß sie keine Störung der Wahl zulassen wird. General Johan Coetzee, Leiter der Polizei, kündigte am Montag an, daß die Sicherheitskräfte „gut vorbereitet“ seien, um „jeden Versuch, die Wahl zu stören oder zu diffamieren“ zu unterbinden.