: Alliierte mißtrauen der Volkszählung
■ In Berlin sollen die Beschäftigten der „Alliierten Streitkräfte“ bei der Volkszählung ihren Beruf nicht angeben / Vereinbarung mit dem Senat / Dienstanweisung verlangt Ordnungswidrigkeit
Aus Berlin von Vera Gaserow
Den westlichen Alliierten in Berlin ist der Datenschutz bei der Volkszählung 87 offenbar nicht geheuer. So jedenfalls muß man eine Dienstanweisung der „Alliierten Streitkräfte“ interpretieren, mit der sie ihre insgesamt 10.000 im Zivilbereich beschäftigten Deutschen Mitarbeiter an weisen, bestimmte Fragen der Volkszählung nur pauschal zu beantworten. Bei den Fragen handelt es sich um solche, die sich auf das Arbeitsverhältnis beziehen und die bei einem Datenmißbrauch ein Sicherheitsrisiko sein könnten. Mit Schreiben vom 30. April hat der Personaldirektor des „Headquarter der US–Army in Berlin“ eine Dienstanweisung „an alle ortsansässigen Arbeitnehmer der amerikanischen Streitkräfte in Berlin“ mit dem Titel „Betrifft: Volkszählung“ erlassen. Die Fragen 12, 15, 16 und 17, so heißt es darin, seien allein mit der Angaben „Alliierte Streitkräfte“ zu beantworten. Die bei den Alliierten unter anderem als Wachleute, Sekretärinnen, Fahrer oder Schlosser Beschäftigten, sollen also weder die genaue Anschrift ihres Arbeitgebers, noch ihren erlernten und jetzt ausgeübten Beruf angeben. In den offiziellen Erläuterungen zum Volkszählungsfragebogen heißt es dagegen zu diesen Fragen ausdrücklich, daß „die vollständige Anschrift der Arbeitsstätte anzugeben“ und eine „möglichst genaue Bezeichnung des ausgeübten Berufes“ erforderlich ist. Ist schon die unvollständige Beantwortung dieser Fragen ein Gesetzesverstoß, so fordern die Alliierten bei der Frage 15 sogar zu einer krassen Ordnungswidrigkeit auf. Dort ist bei der Frage der gegenwärtigen Tätigkeit nämlich keinerlei Rubrik „Alliierte“ vorgesehen. Die Auskunftspflichtigen müßten dies handschriftlich über die anderen Rubriken hinwegschreiben. Damit wäre der Bogen beschädigt. Auf Anfrage nach den Gründen für diese Dienstanweisung erklärte ein Sprecher der US–Army, viele Beschäftigte würden in „sensiblen“ Bereichen arbeiten. Da sei die Eintragung „Alliierte Streitkräfte“ Antwort genug. Der Sprecher des Berliner Innensenats, Birkenbeul bestätigte gestern, daß diese Dienstanweisung auf eine Vereinbarung der Alliierten mit dem Senat zurückgehe. Man werde jetzt noch einmal Kontakt mit den Alliierten aufnehmen. Beim Statistischen Bundesamt wollte man nicht ausschließen, daß auch bei Bundeswehr und Bundesgrenzschutzes Anweisungen bestehen, gewisse Fragennur mit Standardbegriffen zu beantworten. Kommentar auf Seite 4 Siehe auch Seite 2 1991 soll europaweit gezählt werden: S.6
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