Phantasieberichte der Stiftungen aus Ecuador

■ Interne Reports belegen Parteienfinanzierung / Ecuadors Regierung verlangt Aufklärung über deutsche Stiftungsaktivitäten / Die Adenauer–Stiftung führt mit der CSU–nahen Hanns–Seidel–Stiftung einen Machtkampf in Ecuador

G. Gottwald/K.D. Tangermann

Wenn heute der Botschafter Ecuadors in der Bundesrepublik, Julio Anibal Moreno, die Spitzenmänner der Konrad–Adenauer–Stiftung (CDU) und der Hanns–Seidel–Stiftung (CSU) trifft, um von ihnen Aufklärung darüber zu verlangen, mit welchen Geldern sie welche Parteien seines Landes „unterstützt“ haben, dann haben die Stiftungen zunächst einen Persilschein in der Tasche. Auf eine Anfrage der Grünen hin hat nämlich die Bundesregierung am 2. April (fast) alle Behauptungen dementiert, die die taz in ihrem Bericht vom 24.1.87 über Parteienfinanzierung und Wahlkampfbeeinflussung aufgestellt hatte. Doch trotz ihres Persilscheins werden die Chefs der Unionsstiftungen wohl ins Schwitzen geraten. Der ecuadorianische Botschafter wird ihnen Zitate vorlegen, die die Bundesregierung bislang nicht zur Kenntnis genommen hat. Kein Geringerer als der Auslandschef der Seidelstiftung, Rainer, schrieb zum Beispiel (am 9.1.85) an Projektpartner Jamil Mahauad: „Die Tätigkeit der deutschen Stiftungen in Ecuador (ist) nicht unproblematisch. Dies gilt insbesondere für den letzten Wahlkampf in Ecuador, in dem die Tätigkeit der deutschen Stiftungen zeitweise zu innenpolitischen Auseinandersetzungen geführt hat.“ „Innenpolitische Auseinandersetzungen“ waren denn auch der Grund, warum CSU–Gepperth diesen Brief schrieb. Der damalige Bundesentwicklungsminister Jürgen Warnke (CSU) war in Ecuador zu Besuch gewesen und hatte mit Erschrecken festgestellt, daß „seine“ Stiftung, die HSS, die eher linksliberalen Christdemokraten (Mahauad ist heute deren Generalsekretär) unterstützte - und nicht die rechtskonservative Christlich–soziale Partei des Wahlsiegers von 1984, Leon Febres Cordero. Warnke gab den Auftrag und HSS–Gepperth parierte: Neue Partner wurden gesucht (und gefunden), die alten wurden abserviert. Die offizielle Begründung - laut Gepperth: „...daß im personellen wie im sachlichen Bereich bei der ecuadorianischen FEEH (der von der Seidel–Stiftung gesponserten Stiftung, d.Red.) Überschneidungen mit anderen Projekten anderer deutscher Stiftungen (z.B. INEFOS, CEH, CORDES - allesamt Projekte der Adenauer–Stiftung, d.R.) vorliegen.“ Diese Begründung bringt allerdings die Bundesregierung in Verlegenheit. Immerhin gibt Gepperth zu, daß bis dahin eine Doppelfinanzierung stattgefunden hatte. Die Seidel–Stiftung kündigte also ihrem christdemokratischen „Projektpartner“ FEEH Hals über Kopf, doch der wehrte sich. Den Freiburger Anwalt Bausch ließ die FEEH eine Schadensersatzforderung über 550.000 DM schreiben. Im Büro des HSS– Chefs Theo Prikl erhielt sie am 7.3. den Eingangsstempel. Daß auf die Seidel– Stiftung eine Ablöseforderung zukommen würde, war ihrem Auslandschef Gepperth schon zwei Monate zuvor klargewesen. Da zitiert er (in einem Reisebericht), was er selbst dem zweiten Mann der Botschaft in Quito, Dr. Kierstein, mitgeteilt hatte: „Auf keinen Fall könne mit der FEEH gepokert werden, die auf Anraten der HSS–Schwesterstiftung gegen die HSS prozessieren solle und wolle.“ Die Schwesterstiftung, die zur Klage drängte, hört auf den Namen „Konrad Adenauer“. Die Adenauerstiftung stand in diesem Machtkampf weiter hinter den liberalen Christdemokraten, die jetzt in der Opposition sind. Der Bundesregierung ist (so ihre Anwort auf die Grünen–Anfrage) „der dargestellte Sachverhalt nicht bekannt“. Die HSS zog sich wieder einmal einfach aus der Affäre: „...sind wir der Meinung, daß der Vertrag (HSS–FEEH, d.R.) nie rechtsgültig zustande gekommen ist, geschweige denn, daß irgendwelche Aktivitäten erfolgten.“ (Gepperth) Wofür hat dann aber die FEE– Stiftung von der Bundesregierung Geld erhalten? Die Bonner Koalition gibt (wiederum auf die Grünen–Anfrage hin) zu, daß die FEEH 81.989 DM erhalten hat. Und der HSS–Mitarbeiter in Quito kostete noch einmal 166.125 Mark aus dem gleichen Topf. Die FEEH–Stiftung wurde nach nur einjähriger Existenz aufgelöst. Daß sie nur eine Fassade für parteipolitische Aktivitäten der ecuadorianischen Christdemokraten war, vermutet auch Gepperth, der dem damaligen FEEH– Chef Mahauad am 9.1.85 mitteilte: „Die uns vorgelegten Seminarabrechnungen haben wir bislang nur mit größten Bedenken akzeptiert. Wir würden eine weitergehende Prüfung dieser Seminarabrechnungen in beiderseitigem Interesse gerne vermeiden.“ Was bei einer solchen Prüfung vielleicht zum Vorschein kommen könnte, läßt ein Bericht des damaligen HSS–Mitarbeiters in Quito, Wolfgang Steigert, erahnen. Er zitiert dabei seinen Kollegen Bausch von der Adenauerstiftung, der ihm Tips gegeben hatte, wie seine Organisation die Parteienfinanzierung in Ecuador vertuscht hatte: „Es darf auf keinen Fall die Unterstützung des Präsidenten bekannt, Zusammenarbeit mit dem parteinahen Projekt FESO nicht gesucht werden.“ Die Finanzierung durch die Adenauerstiftung dürfe nicht „offenbart“ werden. Auch wie das Versteckspiel ablief, ist da zu erfahren: Der Vertreter der Adenauerstiftung konnte „sich im Umfeld des Projekte kaum sehenlassen, der Mitteltransfer (wurde) abenteuerlich bewerkstelligt“. Dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit schließlich wurden „Berichte vorgelegt, die mit der Arbeit und den wahren Verhältnissen nicht einmal wage etwas zu tun hatten“. „Phantasieberichte“ steht da über die Adenauerstiftung wörtlich im internen HSS–Report. Was sich hinter der Phantasie (die für das FESO–Projekt bemüht werden mußte) versteckt, geben die „Vertraulichen Erläuterungen der Bundesregierung zur Haushaltsplanung 1986, zum besten: Das Projekt diene der Hilfe beim „Aufbau der Partnerorganisation Partido Democratia Cristiano del Ecuador“.