Mobilmachen für den Frieden

■ Die Friedensbewegung beschloß bei ihrer Strategietagung, zu Demonstrationen und Friedensmärschen aufzurufen / Bündnisse umstritten / Keine Einigung zu Volkszählungsboykott

Aus Köln Jörn Wulf

Die Bundesregierung und die NATO haben Angst vor der Abrüstung, halten an ihrer Atomkriegsstrategie fest und sind dabei, eine neue „Nach“–Rüstung vorzubereiten. Mit diesem Vorwurf richtete sich die Strategiekonferenz des Koordinierungsausschusses der Friedensbewegung, die am Wochenende in Köln tagte, gegen die Bonner Haltung in der Abrüstungspolitik. Sie sprach sich für die Annahme der vom sowjetischen Parteichef Gobatschow vorgeschlagenen Doppel–Null– Lösung als ersten Schritt zur Beseitigung der Atomwaffen aus und kündigte den Protest und Widerstand gegen das Zögern der Bundesregierung an. Die rund 450 Konferenzteilnehmer einigten sich auf ein Aktionsprogramm für den Sommer und Herbst dieses Jahres, in dessen Mittelpunkt eine Großdemonstration am 13. Juni in Bonn stehen soll. Damit will die Friedensbewegung den Willen großer Teile der Bevölkerung zur Denuklearisierung öffentlich sichtbar machen. Die Bundesregierung soll aufgefordert werden, den Stationierungsbeschluß für die atomaren Mittelstreckenraketen Pershing II und Cruise Missile aufzuheben, die Raketen zu verschrotten und auf den Vorschlag der Doppel–Null–Lösung einzugehen. Für den 28. und 29. Mai rief die Konferenz zur Teilnahme an einer Blockade–Aktion am Cruise–Missile–Standort Hasselbach im Hunsrück auf. Mit großer Mehrheit stimmte die Konferenz dafür, den Olof– Palme–Friedensmarsch für einen atomwaffenfreien Korridor in Europa zu unterstützen. Er soll vom 1. bis 19. September gleichzeitig in Ländern des Westens und Ostens stattfinden und wird in der Bundesrepublik von Flensburg nach Heilbronn führen. Kontroversen gab es hingegen in der Diskussion über die zukünftige Strategie der Friedensbewegung bei der Zusammenarbeit mit anderen Gruppen. Zwar wurde von fast allen Rednern die Notwendigkeit gesehen, mit der Antiatomkraftbewegung oder den Volkszählungsinitiativen zusammenzuarbeiten, da man das Thema Frieden nicht von kriegsvorbereiteten Strategien für den Einstieg in die Plutoniumwirtschaft abtrennen könne. Doch andererseits wurde auch davor gewarnt, die Friedensbewegung zur „Bewegung der Bewegung“ zu machen. So stimmte die Konferenz einem Vorschlag „Bundesunabhängiger Friedensgruppen“, die Friedensbewegung in die Vorbereitung einer Anti–Wackersdorfdemonstration im Herbst einzubeziehen, nur eingeschränkt zu. Der Ausschuß wurde aufgefordert, die Möglichkeiten einer Zusammenarbeit mit den Wackersdorfer Gruppen zu prüfen. Auch in der Frage der Volkszählung konnte sich die Strategiekonferenz nicht auf einen Boykottaufruf einigen. Sie beschloß daher eine Resolution, in der die Kriminalisierung der Nichtteilnehmer verurteilt wird.