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Ein Brüderle für Bernhard Vogel

■ Erstmals verlor die CDU in Rheinland–Pfalz unter Ministerpräsident Bernhard Vogel ihre absolute Mehrheit / CDU–Kabinettsmitglieder zittern um ihre Posten / FDP–Chef Rainer Brüderle hat allen Grund zur Freude / Nichtwähler wurden mit 22,9

Aus Mainz Felix Kurz

Noch am späten Wahlabend schob der rheinland–pfälzische Ministerpräsident Bernhard Vogel (CDU) den schwarzen Peter der Niederlage seiner Partei in Richtung Bonn. „Da gibt es gar kein Drumherumreden“, so der zerknirschte Regierungschef, das „schwierige Abrüstungsthema“ habe seine Partei nicht ausreichend dargestellt. „Darüber muß auch in der Bundes–CDU jetzt diskutiert werden.“ Mit acht NATO–Flughäfen und dem Standort der amerikanischen Marschflugkörper Cruise Missiles im Rhein–Hunsrück–Kreis sind nur zwei wichtige Militäreinrichtungen in dem Bundesland genannt. Im Rhein–Hunsrück–Kreis, in dem Bundesumweltminister Klaus Töpfer noch als rheinland– pfälzischer Umweltminister für die CDU ins Rennen gestartet war, erzielten die Liberalen erstaunliche 9,7 Prozent, während die CDU dort Verluste wie im Landesdurchschnitt einfuhr. Die Sozialdemokraten gewannen 0,4 und die Grünen 1 Prozent in diesem Kreis hinzu. Die FDP in Gestalt ihres Vorsitzenden Rainer Brüderle hatte vor allem die Doppel–Null–Lösung noch schnell als Wahlkampfknüller entdeckt, und auch am Abend nach der Wahl meinte der strahlende FDP–Chef, daß man vor allem von Vogel mehr Druck und mehr Engagement in der Abrüstungsfrage gegenüber CDU–Bundeskanzler Helmut Kohl erwarte. Doch nicht nur die „mangelhafte Darstellung unserer Erfolge in Abrüstungsfragen“ monierte der geschlagene Bernhard Vogel, der überhaupt kein Brüderle wollte, sondern auch die Themen Landwirtschaft und Weinbau seien „schwierig“ gewesen. Den heftigsten Knacks versetzten der CDU vor allem aber die Nichtwähler, die mit 22,9 Prozent zur drittstärksten Kraft wurden. An eine derart niedrige Wahlbeteiligung hatten selbst die Pessimisten unter den CDU–Leuten nicht geglaubt. Vogels Partei verlor so vor allem in den Landkreisen erheblich an Stimmen. Im Mosellandkreis Bernkastel– Kues sackten die Christdemokraten um exakt 14 Punkte auf 50,3 Prozent runter, in Trier– Saarburg büßte sie 10,9 Prozent ein. Die Moselwinzer verpaßten der CDU den dicksten Haken und auch die Eifelbauern schlugen erbarmungslos zu. Im Landkreis Daun verlor die CDU 10,1 Prozent, im Kreis Bitburg–Prüm waren es gar 13,9 Punkte. Ausbaden wird dieses Desaster vor allem der Trierer CDU–Bezirksfürst und Finanzminister Carl–Ludwig Wagner. Mit 8,9 Prozent Minus fuhr er den dicksten Verlust ein. Sein Kabinettsposten wird er möglicherweise abgeben müssen. Aber auch in den anderen Weingegenden waren die CDU–Verluste wie z.B. im Landkreis Bad Dürkheim mit 6,5 Prozent bemerkenswert. Beachtlich allerdings sind in den Landkreisen die Gewinne der Liberalen. Die FDP fuhr ungewöhnlich viel Gewinn bei Winzern und Bauern in die Scheuer, die erstmals kandidierende „Freie Wähler Gemeinschaft Rheinland–Pfalz“ dagegen schaffte nur schlappe 1,5 Prozent. In den wenigen Großstädten gab es sowohl für SPD und CDU Verluste. In Mainz für die CDU 6 und für die SPD 4,8 Prozent. Dort erzielten die Grünen ihr bestes Stadt–Ergebnis mit 10,1 Punkten und verwiesen sogar die FDP mit 8,8 Prozent auf den vierten Rang. Immerhin trainiert FDP–Chef Brüderle seit Jahren im Mainzer Rathaus als Wirtschaftsdezernent für den Job des Wirtschaftsministers. Interessant bei dieser bislang spannendsten Landtagswahl in Rheinland–Pfalz sind auch die absoluten Zahlen. Die Grünen konnten noch nicht einmal 15.000 Wähler mehr als bei der Landtagswahl 1983 von sich überzeugen. Immerhin gab es damals eine Doppelwahl und nur die niedrige Wahlbeteiligung am Sonntag hievte sie mit ach und krach in das Landesparlament mit ganzen fünf Landtagsmandaten. Die CDU dagegen verlor mehr als 300.000 Bei der rheinland–pfälzischen CDU zittern derzeit die einzelnen Kabinettsmitglieder um ihre Posten. Daß jetzt abgerechnet wird, machte vor allem CDU–Fraktionschef Hans–Otto Wilhelm deutlich, der das Umweltressort des nach Bonn gewechselten Klaus Töpfer übernehmen sollte. Jetzt jedoch ist auch dies zweifelhaft. Wilhelm, der jahrelang einen Kabinettsjob nach dem anderen ausgeschlagen hatte, gilt als der starke Mann nach Vogel in der Partei. Möglicherweise bleibt er Fraktionschef. Diese Funktion wird allgemein in den nächsten vier Jahren den Nachfolger von Bernhard Vogel hervorbringen. Wer diesen Posten jetzt ergattert, hat die besten Aussichten als Ministerpräsidenten–Kandidat 1991. Hans–Otto Wilhelm jedenfalls sprach ebenfalls noch am Wahlabend von „strukturellen Änderungen“, die für seine Partei jetzt „notwendig“ seien.

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