Erhöhter Alarm für US–Flotte im Persischen Golf

■ Zahl der Toten auf der „Shark“ erhöhte sich auf 37 / Iraks Staatschef schreibt Entschuldigungsbrief an Reagan / Warnungen vor einer Ausweitung des Golfkriegs / Initiativen zur Beendigung des Konflikts nicht in Sicht / Iran: „Der große Satan geriet in eine Falle“

Washington (afp/dpa/wps) -Einen Tag nach dem irakischen Angriff auf ein amerikanisches Kriegsschiff im Persischen Golf hat US–Präsident Reagan die Flotte in der Region zu „erhöhter Alarmbereitschaft“ angewiesen. Die Ankündigung Reagans, die nach einer kurzfristig anberaumten Sitzung der Planungsgruppe für Nationale Sicherheit folgte, bedeutet, daß die amerikanischen Schiffe im Golf das Feuer auf iranische und irakische Flugzeuge eröffnen können, wenn deren Verhalten auf feindliche Absichten schließen läßt. Regierungsbeamte in Washington wiesen jedoch darauf hin, daß dies im Grunde keine Änderung der „Regeln des US–Engagements“ bedeute. Die getroffene Fregatte sei bereits zuvor autorisiert gewesen, im Falle eines An griffs zurückzuschießen. Dies sei unterlassen worden, vermutlich, weil man die irakischen Flugzeuge nicht als feindlich eingestuft habe. Iraks Staatschef Saddam Hussein gab am Abend zu, daß irakische Flugzeuge den Angriff geflogen haben. In einem Schreiben an Reagan entschuldigte er sich für die „unbeabsichtigte“ Attacke und äußerte die Hoffnung, daß der Vorfall die Beziehungen zwischen beiden Staaten nicht beeinträchtigen werde. Am Rande der Planungssitzung in Washington wurde bekannt, daß die USA von Bagdad eine Entschädigung, sowohl hinsichtlich der Anghörigen der Opfer, deren Zahl auf 37 gestiegen ist, als auch für das beschädigte Kriegsschiff erwarten. In einer Ansprache im Weißen Haus kündigte Reagan an, die Situation im Golf solle ange sichts der jüngsten Entwicklung neu analysiert werden. Er betonte jedoch zugleich, die USA blieben weiter verpflichtet, die Sicherheit der befreundeten Nationen am Golf und den ungehinderten Schiffsverkehr durch die Straße von Hormuz zu gewährleisten. Mit der erhöhten amerikanischen Militärpräsenz ist zugleich die Gefahr weiterer Zwischenfälle und einer Internationalisierung des seit sechseinhalb Jahren währenden iranisch–irakischen Krieges zu rechnen. Der Angriff auf die US–Fregatte bot lediglich den Anlaß, ge nau diesen Aspekt stärker ins öffentliche Bewußtsein zu bringen. Mehrere Zeitungen der Golfregion warnten am Dienstag vor einer Ausweitung des Konflikts. US–Präsident Reagan bezeichnete dies gar als Hauptbedrohung der Interessen der USA und ihrer Freunde, und auch in der sowjetischen Presse wurde vor einer solchen Entwicklung gewarnt, die freilich aufs Konto der USA verbucht wurde. Die Prawda zog einmal mehr mit der US–Administration in der Frage des Golfkriegs an einem Strang und forderte den Schutz der Handelsschiffahrt. Nachdrücklich neue Initiativen für eine Beendigung des Golfkrieges wurden auch nach dem jüngsten Zwischenfall nicht bekannt. Eine Stimme schert jedoch aus der großen Ost–West–Koalition aus: „Der große Satan ist in eine Falle geraten“, kommentierte der iranische Ministerpräsident Mussawi den Angriff auf die amerikanische Fregatte. Er forderte die USA und die UdSSR zugleich auf, den Irak nicht länger zu unterstützen. Der Vorfall habe gezeigt, daß der Golf für die Supermächte nicht sicher sei. bs