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Lauschangriffe bleiben ungeahndet

■ Die Staatsanwaltschaft Hannover stellt Ermittlungsverfahren gegen zehn Beamte des niedersächsischen Landeskriminalamtes ein / SPD–Abgeordneter spricht von Strafvereitelung im Amt

Von Jürgen Voges

Hannover (taz) - Dem Vorwurf der „Strafvereitelung im Amt“ sieht sich der in Hannover für politische Strafsachen zuständige Oberstaatsanwalt Nicolaus Borchers ausgesetzt. Der Oberstaatsanwalt hat am Dienstag ein Ermittlungsverfahren gegen zehn Beamte des niedersächsischen Landeskriminalamts wegen dreier illegaler Lauschangriffe eingestellt. Nach Ansicht von Borchers haben sich alle zehn beschuldigten LKA–Beamte von Kriminalhauptwachtmeister bis hinauf zum Leitenden Kriminaldirektor in einem „unabwendbaren Verbotsirrtum“ befunden, als sie in den Jahren 1981 und 1982 unter Anleitung des Agenten Werner Mauss mit Hilfe von „Wanzen“ Gespräche des hannoverschen Juweliers Düe und seiner Verwandten illegal abhörten. Der Mauss–Untersuchungs ausschuß des niedersächsischen Landtags hatte in seinem Abschlußbericht die drei Lauschangriffe in Marseille, Nizza und auf den Kanarischen Inseln, mit denen Mauss und das LKA den Juwelier Düe des Versicherungsbetruges überführen wollten, noch als „strafrechtlich relevant“ bezeichnet. Keinerlei gesetzliche Grundlage Für den niedersächsischen SPD– Landtagsabgeordneten Werner Holtfort hat Oberstaatsanwalt Borchers mit der Einstellung des Verfahrens „objektiv den Tatbestand der Strafvereitelung im Amt erfüllt“. Für den Verbotsirrtum, so Holtfort, verlange die Rechtsprechung, daß der Beschuldigte bei Anspannung aller Gewissenskräfte die Rechtswidrigkeit seines Tuns nicht erkennen könne. Es sei undenkbar, daß ausgebildete Kriminalbeamte nicht wüßten, daß das heimliche Mitschneiden nichtöffentlicher Gespräche ein rechtswidriger Eingriff in Grundrechte sei und mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren geahndet werde. Kein einziges Gesetz, so Holtfort weiter, erlaube den Eingriff in die Privatsphäre mit sogenanntem kleinen Lauschgerät, wie es die LKA–Beamten bei ihren Abhöraktionen verwendet hätten. Rechtfertigung des Oberstaatsanwalts Oberstaatsanwalt Borchers rechtfertigte gestern die Einstellung der Verfahren mit den Worten: „So scharf einerseits festgestellt werden müsse, daß die Abhöraktionen rechtswidrig waren, so klar muß man auch sagen, daß die LKA–Beamten nicht schuldhaft gehandelt haben“. Nach Ansicht von Borchers habe das LKA die Gespräche nicht abgehört, um Belastungsmaterial gegen den Juwelier Düe zu erlangen, sondern um Gesundheit und Leben des Multiagenten Werner Mauss, der an den abgehörten Gesprächen beteiligt war, zu schützen. Mauss bei Abhöraktion nicht bedroht Borchers gab allerdings zu, daß Mauss objektiv während der Abhöraktionen nicht bedroht gewesen sei. Der unvermeidbare Verbotsirrtum ergibt sich nach Ansicht des Oberstaatsanwalts daraus, „daß die Sache gründlich im LKA rechtlich geprüft worden und für rechtmäßig befunden sei“. Den gegen ihn erhobenen Vorwurf der Strafvereitelung im Amt nannte Borchers „sachlich abwegig“. Für ein Ermittlungsverfahren gegen ihn selbst sehe er nicht den geringsten Anlaß.

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