piwik no script img

Abschluß der Abrüstungsdiskussion

■ Nur „deutsche“ Atomraketen sollen bleiben / Einigung der Bonner Koalitionsparteien für heute erwartet / Strauß lenkt auf „Null–Null“ ein / Feministischer Lösungsansatz der Abrüstungsfrage in Sicht

Berlin (dpa/ap/taz) - Nachdem selbst der bayerische Ministerpräsident ein Einlenken demonstrierte, scheint eine Einigung der Bonner Koalitionsparteien im Streit um die sowjetischen Abrüstungsvorschläge am heutigen Montag möglich. Strauß, der sich bisher gegen die sogenannte „doppelte Nullösung“ ausgesprochen hatte, meinte am Sonntag erstmals, bei diesem Abrüstungsschritt würde eine „Mindestbasis an militärischer Sicherheit“ erhalten, wenn die „72 deutschen Pershing 1A“ stehen blieben. In der Diskussion um die Abrüstungsvorschläge seien „leider von zu vielen selbsternannten Strategen ... irreführende oder verwirrende Aussagen“ gemacht worden, klagte Strauß. „Hätten wir eine feste Konzeption gehabt und sie auch nach außen gegen über den Amerikanern rechtzeitig vertreten, dann wäre dem deutschen Willen oder der deutschen Vorstellung sicherlich im weitestgehenden Maße Rechnung getragen worden.“ Die Gefahr für die deutschen Sicherheitsinteressen bestehe in dem Moment, wo die in Europa stationierten atomaren Waffen nur noch eine Reichweite von 500 Kilometern hätten und „80 Boden liegen“ würden: Dann könnte der Fall eintreten, daß „manche“ das Risiko eines begrenzten Atomkriegs geringer einschätzen, meinte Strauß. Die Nato–Verteidigungsminister haben sich derweil in Brüssel schon in der vergangenen Woche nach den Worten des US–Außenministers Weinberger „auf die Situation nach dem INF–Abkommen“ eingestimmt. Die Frank furter Allgemeine Zeitung zitierte einen „hohen Nato–Vetreter“, der die Beratungen so zusammenfaßte: „Wir stehen auf den Trümmern unserer Nuklearstrategie.“ Der Generalinspekteur der Bundeswehr, Dieter Wellershoff, wies in „Bild am Sonntag“ darauf hin, daß die Sowjetunion bisher noch „keine einzige Waffe außer Dienst gestellt oder verschrottet“ habe. Die BRD müsse die „Durchhaltefähigkeit ihrer Streitkräfte“ verbessern, denn die Aufrüstung im Warschauer Pakt gehe unvermindert weiter. Außenminister Genscher will bei dem Koalitionsgespräch am Montag auch die zweitägige Tagung des Warschauer Paktes in Ost–Berlin bewerten. Genscher sprach sich für eine gründliche Prüfung der Abschlußerklärung des Warschauer Pakt–Treffens aus: „Ich glaube, wir sind jetzt in einer Phase, wo wir dem sachlichen Dialog näher kommen, und das kann man durchaus begrüßen.“ Der Warschauer Pakt hatte in einem Kommunique darauf hingewiesen, daß seine Militärdoktrin „Verteidigungscharakter“ habe und daß die militärischen Potentiale „auf möglichst niedrigem Niveau“ gehalten werden sollten. Die Parlamentarische Staatssekretärin im Verteidigungsministerium, Agnes Hürlandt–Büning (CDU), hat über Radio Luxemburg feministische Töne in die Debatte gebracht: Die „Frauen der Regierenden des Ostblocks und des Westens“ sollen ihrer Ansicht nach die Abrüstungsfrage lösen. Jetzt sollte die „Vereinigung der Frauen von Ost und West ohne Scheuklappen über dieses Thema reden“.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen