Kein NRW–Geld für Stahl–Sozialplan

■ Wirtschaftsminister Jochimsen will sich nur an Qualifizierungsmaßnahmen und Grundstücksaufbereitung beteiligen / Stahlpositionspapier umstritten / Kosten belaufen sich auf rund 900 Millionen Mark

Von Jakob Sonnenschein

Düsseldorf (taz) - Der nordrhein westfälische Wirtschaftsminister Reimut Jochimsen hat sich am Donnerstag für eine bedingte Unterstützung des Expertenpapiers zur Abwendung von Massenentlassungen in der Stahlindustrie bereiterklärt. Jochimsen sagte, er sei „froh“, daß die Tarifpartner sich einig seien, auf Massenentlassungen im Stahlbereich zu verzichten. An der Sozialplanfinanzierung werde sich das Land aber nicht beteiligen. Landesmittel stellte Jochimsen allein für Qualifizierungpro gramme und für die Aufbereitung von brachliegenden Industrieflächen, die die Stahlkonzerne zur Verfügung stellen wollen, in Aussicht. Das am Dienstag bekanntgewordene Stahl–Papier der aus Unternehmens– und Gewerkschaftsvertretern paritätisch zusammengesetzten Expertengruppe, sieht vor, 10.000 Stahlarbeiter auf dem bisher üblichen Weg über Sozialpläne vorzeitig in den Ruhestand zu schicken und weitere 6.000 konzernintern umzusetzen. Die verbleibenden 4.000 noch aus der Stahlindustrie ausscheidenden Arbeiter sollen je zur Hälfte zur Wiederaufarbeitung der von der Stahlindustrie zurückgelassenen Industrieflächen eingesetzt werden bzw. durch Herabsetzung der Frühpensionierungsgrenze auf unter 55 Jahre zusätzlich vorzeitig in den Ruhestand gehen. Gegen diese von den Tarifvertragspartnern erarbeitete „Expertenlösung“ hat es in den vergangen Tagen in beiden Lagern erhebliche Proteste gegeben. Hoesch–Chef Rohwedder befand, der Entwurf habe „wenig Aussicht auf Verwirklichung“, denn es gebe „niemanden, der das bezahlt“. Die Kosten bezifferte Joachimsen auf 900 Millionen DM. Ganz anders sieht die Kritik der aktiven IG–Metall aus. Der Hattinger IG–Metall Bevollmächtigte Otto König hält das Expertenpapier für „völlig unannehmbar“, ebenso wie viele Betriebräte und Vertrauensleute, die beklagen, daß es wieder in erster Linie um die soziale Abfederung des Arbeitsplatzabbaus, nicht jedoch um die Schaffung von Ersatzarbeitsplätzen gehe. Vermißt wird in dem Papier die Umsetzung der Forderung nach Beschäftigungsgesellschaften, mit denen die IG–Metall „die volle Weiterbeschäftigung aller von Kapazitätsanpassungen betroffenen Arbeitnehmer“ bis zur Schaffung von ausreichenden Ersatzarbeitsplätzen sicherstellen wollte. An der IGM–Basis wird vor allem auf das Düsseldorfer Stahlzweigbüro des IGM–Vorstandes geschimpft, das sich schon immer mehr für die soziale Abfederung des Arbeitsplatzabbaus, statt für die Schaffung von Ersatzarbeitsplätzen engagiert habe. Inzwischen scheint sicher, daß der Zug in Richtung Beschäftigungsgesellschaften längst abgefahren ist. Die von den Unternehmen vorgeschlagene Stahlstiftung und die Beschäftigungsgesellschaften seien als Modelle „inzwischen überholt“, sagte Jochimsen. Der Minister sprach noch die Problematik der Lehrlinge im Stahlbereich an. In dem Papier werde davon ausgegangen, daß in den nächsten drei Jahren jährlich etwa 20.000 frisch ausgebildete Facharbeiter in der Stahlindustrie nicht übernommen würden. Am 16. Juni findet bei Kanzler Kohl ein weiteres Stahlgespräch statt.