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Ohne Quoten keine Mütterlichkeit

■ Heftig ist der Streit zwischen „Müttern und Emanzen“ um das „Müttermanifest“ / Gar von faschistischer Ideologie war die Rede Jetzt formulierten grüne Frauen eine differenzierte Antwort / Wir dokumentieren ihre Stellungnahme auszugsweise

Die Veröffentlichung des Müttermanifests rief unter den grünen Frauen eine heftige Diskussion hervor. Einige stimmten dem Manifest spontan zu, andere lehnten es entschieden ab. Viele der im Müttermanifest geschilderten Probleme sind zweifellos richtig, z.B. wenn es darum geht, daß „typisch weibliche“ Tätigkeiten im Haushalt und im Erwerbsleben gering bewertet werden, oder darum, daß Frauen mit Kindern im Erwerbsleben massiv benachteiligt sind. Einige der im Müttermanifest entwickelten Vorstellugnen sind unbedingt zu unterstützen. Wir stimmen auch darin überein, daß nicht nur das Erwerbsleben, sondern der gesamte Bereich des Öffentlichen derzeit so strukturiert ist, daß eine Teilnahme daran und gleichzeitige Betreuung von Kindern oder Alten und Kranken nur sehr schwer möglich ist. Es ist auch richtig, daß eine allgemeine, breite Diskussion innerhalb der GRÜNEN über zukünftige und gegenwärtige Lebensformen noch aussteht. Der bisherige Konsens innerhalb der GRÜNEN besteht darin, daß wir im Unterschied zu anderen Parteien nicht nur die Familie als einzig legitime und richtige Lebensform untestützenswert finden, sondern auch Akzeptanz und Räume für andere Lebens– und Wohnformen schaffen wollen. (...) Da es für die meisten Frauen ein ungeheures Problem ist, daß sie keine Erwerbsarbeitsplätze, oder nur ungeschützte, unqualifizierte Arbeit bekommen und ihnen damit eine wesentliche Voraussetzung für ein selbstbestimmtes, unabhängiges Leben fehlt, haben wir die Quotierung aller Erwerbsarbeitsplätze gefordert. Auch wenn die Quotierung nicht alle Bereiche weiblicher Realität erfassen kann - welche Forderung allein könnte das schon (?) - so ist sie für uns doch eine wesentliche Voraussetzung für ein eigenständiges Leben. Ob wir es wollen oder nicht: Finanzielle Unabhängigkeit war und ist für Frauen der Dreh– und Angelpunkt für selbstbestimmte Entscheidungen. Natürlich ändert die Quotierung allein nocht nichts an der Art der gegenwärtigen Erwerbsarbeit, an den frauen– und kinderfeindlichen Bedingungen. Was wir brauchen, sind Sktrukturen, bei denen der Erwerbsbereich an den Notwendigkeiten des sogenannten Privatbereichs orientiert ist. Das bedeutet z.B. Kinderhorte und Kindergärten in der Nähe der Erwerbsarbeitsplätze und Arbeitszeitregelungen, die Männern und Frauen ein Leben mit Kindern ermöglichen. (...) Die GRÜNEN fordern: Quotierung aller Ausbildungs– und Erwerbsarbeitsplätze, d.h. bevorzugte Einstellung von Frauen in allen Bereichen und auf allen Ebenen, bis mindestens eine 50 radikale Verkürzung der täglichen Erwerbsarbeitszeit, dabei voller Lohnausgleich für untere und mittlere Einkommen, gesetzlich festgelegter existenzsichernder Mindestlohn, gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit, Verbot von Job–Sharing, „Kapovaz“ (kapazitätsorientierte variable Arbeitszeit) und Heimarbeit, arbeits– und tarifrechtliche Absicherung, Sozialversicherungspflicht von Teilzeitarbeit ab der ersten Arbeitsstunde, ein den Leistungen für Erwerbstätige entsprechendes System von Sozial– und Krankenversicherung, auch für Hausfrauen und Frauen, die in „ungesicherten Beschäftigungsverhältnissen“ ihrer Erwerbsarbeit nachgehen müssen, gleicher Anspruch der Teilzeitbeschäftigten auf alle Umschulungs–, Förderungs– und Ausbildungsmaßnahmen wie für Vollzeitbeschäftigte. Im Bildungsbereich: Vergabe von mindestens 50 oder Mädchen, Aufhebung der Höchstaltersgrenze für Frauen bei Ausbildungsförderung, Einstellung und Beförderung, Fort– und Weiterbildungsmaßnahmen für Frauen, die län gere Zeit aus dem Erwerbsleben ausgeschieden waren. Für Menschen, die Kinder erziehen: Erziehungsgeld und Garantie des Erwerbsarbeitsplatzes für diejenigen, die ein Kind in den ersten Jahren nach der Geburt betreuen, genügend Kindergärten, Kindertagesstätten und Kinderhorte und deren qualitative Verbesserung, Finanzierung von Tagesvätern oder -müttern, bezahlte Freistellung, wenn Kinder erkranken, für die gesamte Dauer der Krankheit, Mindestabsicherung im Alter für alle und Anrechnung von Erziehungszeiten in der Rentenversicherung.(...) „Paragraph 9 Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Erwerbs– und Familienarbeit (1) Um der Tatsache Rechnung zu tragen, daß Arbeitnehmer/innen in der Regel neben der Erwerbsarbeit gesellschaftlich notwendige unbezahlte Arbeit in Hausarbeit und Familie leisten, haben Arbeitgeber/ innen Maßnahmen zu ergreifen, die auf Dauer sicherstellen, daß für alle Arbeitnehmer/innen Erwerbs– und Familienarbeit zu vereinbaren sind. (2) Zu diesem Zweck haben Arbeitgeber/innen (...) einen Plan vorzulegen, der sicherstellt, daß - die tägliche Arbeitszeit an die Bedürfnisse von Arbeitnehmer/innen mit Kindern angepaßt wird, - keine Arbeitszeitverkürzung von mindestens vier Wochenstunden aus familiären Gründen eingeführt wird, - die wöchentliche Arbeitszeit auf allen Ebenen des Betriebs oder der Behörde auf Antrag von Arbeitnehmer/innen aus familiären Gründen zeitweise bis auf 20 Wochenstunden ermäßigt werden kann, bei gleichzeitigem Erhalt eines Anspruchs auf einen Vollerwerbsarbeitsplatz.“ aus: Antidiskriminierungsgesetz (Artikel 2: Quotierungsgesetz) (...) Sicher sind diese Forderungen nicht ausreichend, und wir brauchen noch viele Diskussionen, bis wir verbesserte Bedingungen für ein Leben mit Kindern durchsetzen können. Einige der im Müttermanifest formulierten Forderungen wie z.B. nach Eßkasinos und Kinderbetreuungsmöglichkeiten an allen Orten finden wir gut, die Forderung nach Mütterzentren allerdings problematisch. II. So viele Gemeinsamkeiten es auf der Ebene konkreter Forderungen zwischen den Unterzeichnerinnen des Müttermanifests und uns gibt, so wenig kann doch übersehen werden, daß wir sowohl die dahinterstehende Utopie einer künftigen Gesellschaft als auch das Frauenbild selbst in wesentlichen Punkten nicht teilen können. Dabei kann es nicht um die Frage gehen, welche Konzeption radikaler, umwälzender ist als die andere. Sowohl im Müttermanifest als auch im grünen Frauenprogramm mischen sich langfristig–utopische Ziele und kurzfristige Forderungen, die hier und jetzt durchsetzbar erscheinen. Von der Aufhebung der geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung sind wir genauso weit entfernt wie von der „Gesellschaft, die Kinder an der Hand zulassen soll“ (Müttermanifest). Beiden Zielen stehen sowohl gegebene gesellschaftliche Verhältnisse entgegen, als auch ganz massive jahrhundertealte verin nerlichte kulturelle männliche Werte. (...) Sicher dürften die im Müttermanifest geforderten Mütterzentren leichter durchsetzbar sein als Quotierung in allen gesellschaftlichen Bereichen. Sie sind jedoch nur deshalb „realistischer“, weil sie besser in die politische Landschaft passen. So begründet eine Initiative für ein Mütterzentrum in Braunschweig ihren Antrag Mütterzentrum - Mütter im Zentrum damit, daß gerade die durch ein Mütterzentrum angesprochenen Frauen von Arbeitslosigkeit betroffen sind und durch das Mütterzentrumskonzept „diese Lücke positiv geschlossen werden soll“ (Antrag). Daß „selbstverdientes Geld ein Stück Unabhängigkeit darstellt“ (Antrag), sehen auch diese Verfechter/innen der Müt terzentrumsidee: Der Stundenlohn für Haareschneiden, Hilfe bei behördlichen Angelegenheiten und Organisierung von Party– und Familienfeiern (aus Initiativen–Antrag) betragt ganze 5,– DM. (...) Als langfristige Perspektive mag sich unser Ziel nach Aufhebung der geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung inzwischen abgedroschen anhören; für uns ist es doch immer noch ein wesentliches Stück Utopie. (...) Wir wollen Väter und Liebhaber, die durch ihre tägliche Verantwortung im zwischenmenschlichen Bereich nicht mehr bereit sind, lebensverneinende Entscheidungen in Beruf und Politik zuzulassen. Ein verbindliches Leben von Vätern mit ihren Kindern würde das Ende bedeuten für männliche Berufskarrieren, die nur durch jahrelange Abend– und Wochenendtermine aufgebaut und gepflegt werden können. Es würde vielleicht auch das Ende bedeuten von konkurrieren müssen, gewinnen müssen, Menschen unterbuttern müssen. (...) Als mütterlich geltende Eigenschaften wie die Fähigkeit, sich in andere hineinzuversetzen, wie die Bereitschaft, den Zeitrhythmus auf menschliche Bedürfnisse einzustellen, Alte, Kranke und Kinder zu pflegen, Rücksicht auf Schwächere zu nehmen, um nur einige zu nennen, halten wir für lebensnotwendig und unerläßlich im Umgang miteinander. Deshalb sollten alle Menschen, Männer und Frauen, diese Eigenschaften haben. Was wir ablehnen, ist jedoch eine pauschale, unkritische Aufwertung der Mütterlichkeit. Neben den positiven Aspekten, die viele mit Mütterlichkeit in Verbindung bringen, können wir nicht übersehen, daß Mütterlichkeit für Frauen immer bedeutete, auf Mutterschaft festgelegt zu sein, sich aufopfern zu müssen, die gesellschaftliche Rollenverteilung zu akzeptieren.(...) Wir stimmen mit den Unterzeichnerinnen des Müttermanifests darin überein, daß es hinsichtlich der geforderten Beteiligung der Väter „schwer (...) ist, hier gelungene Balancen herzustellen“ (Müttermanifest). Wir teilen aber nicht die hieraus von den Unterzeichnerinnen gezogene Konsequenz, dieses Ziel deshalb aufzugeben und statt dessen die zweifellos notwendige Solidarität nur unter uns Frauen auszumachen. Männer, die mit Frauen leben wollen, können sich einem Leben mit Kindern nicht völlig entziehen. Selbst wenn sie eine Frau und das gemeinsame Kind verlassen, leben sie oft nicht allein weiter, sondern suchen sich eine andere Frau mit (anderen oder zukünftigen) Kindern. Warum sollten wir sie aus der Realität des Lebens mit Kindern entlassen, der sie sich doch immer wieder stellen müssen? III. Der durchgängige Appell an die kinderlosen Frauen, die „Karrierefrauen“, die „Nicht–Mütter“ ist nicht nur diffamierend, weil er Frauen ohne Kinder als defizitär charakterisiert, sondern verschleiert zudem die wahren Konfliktlinien und Ausbeutungsverhältnisse in unserer Gesellschaft. Zwar ist es zweifelsfrei richtig, daß die Chancen auf dem Arbeitsmarkt für Frauen mit kleinen Kindern um ein Vielfaches schlechter sind als für diejenigen ohne oder mit größeren Kindern; die Schuld hieran trifft aber nicht die kinderlosen Frauen, weil sie den Müttern kleinerer Kinder die Arbeitsplätze wegnehmen würden. Die Ursache für die schlechten Berufschancen von Müttern liegt eben nach wie vor darin, daß sie als reiner „Risikofaktor“ für den Arbeitgeber zählen. (...) Dieselbe brutale Kalkulation ist es umgekehrt auch, die heute viele Frauen zu der Entscheidung gegen Kinder veranlaßt: Einer Frau, die in den 70er Jahren den Chancengleichheitstönen Glauben geschenkt und sich hat ausbilden lassen und die heute immer noch darauf beharrt, längerfristig in ihrem Beruf zu arbeiten, bleibt vielfach nichts anderes übrig (allem Gerede von der „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ zum Trotz), als sich gegen eigene Kinder zu entscheiden. Daß diese Entweder–Oder–Entscheidung (die Männer übrigens so nicht kennen) sehr ambivalent und schmerzhaft sein kann, daß die „kinderlosen“ Frauen eben genau die andere Kehrseite der Frauen–Medaille in unserer Gesellschaft zu tragen, den umgekehrten Preis zu zahlen haben - dies wird von den Unterzeichnerinnen des Manifestes erstaunlicherweise nicht gesehen. Und dennoch gibt es auch Gemeinsamkeiten für beide Frauengruppen: Z.B. werden Bewerberinnen von vielen Betrieben unterschiedslos wegen ihrer Gebärfähigkeit abgewiesen, unabhängig davon, ob sie bereits Kinder haben oder nicht, ob sie Kinder wollen oder nicht. Und diese Gemeinsamkeit in der - möglichen - Diskriminierung als Frauen sollte uns dringend wieder zu Gemeinsamkeiten in der Stoßrichtung unserer frauenpolitischen Zielsetzung bringen: Die Einstellung von Frauen mit Kindern wäre in dem Augenblick kein „Kostenrisiko“ mehr, in dem auch Väter wegen Masern ihrer Kinder selbstverständlich zu Hause bleiben, wo auch sie sich der rund–um–die–Uhr–Verfügbarkeit für den Chef aus Verantwortung und Liebe zu ihren Kindern genauso entziehen würden wie die Frauen. Quotierung im Erwerbsleben hätte eben nicht nur zur Voraussetzung, daß wegen der Teilnahme von Müttern die Strukturen und die Leistungsanforderungen auf dem Arbeitsmarkt verändert werden müßten, sondern wegen der Teilhabe von Eltern am Erwerbsleben. (...) Die derzeit in den Industrieländern in großem Umfang stattfindende Umstrukturierung der Erwerbsarbeit läßt für beide Geschlechter nichts Gutes erwarten. Grob vereinfacht zeichnet sich folgende Entwicklung ab: Die in der Regel männlichen, qualifizierten Kernbelegschaften werden verkleinert; Flexibilisierung der Arbeitszeiten für sie soll bedeuten, wieder länger als die erkämpfte 5–Tage–Woche zu arbeiten. Für den anderen Teil der Arbeitskräfte, hierunter fällt auch die Mehrzahl der Frauen, soll Flexibilisierung kürzere Arbeitszeiten bedeuten - aber eben nicht zur Schaffung von größeren Freiräumen, sondern um intensiv ausbeutbare, billige, abrufbereite Arbeitskräfte in ungeschützten Arbeitsverhältnissen zu haben. Wenn sich diese Tendenzen, ermöglicht durch die anhaltende Massenerwerbslosigkeit mit den entsprechenden Kräfteverhältnissen in Arbeitskämpfen, in vollem Umfang durchsetzen (lassen), sind wir von einer Aufteilung der Hausarbeit, von einer verantwortlichen Beteiligung der Väter und einer finanziellen Unabhängigkeit der Frauen wieder um Lichtjahre entfernt. (...) Wenn nun die Unterzeichnerinnen des Müttermanifestes ihrerseits mehr Teilzeit–Arbeitsplätze und Flexibilisierung der Arbeitszeit fordern, so sehen wir die große Gefahr, daß hier scheinbare kurzfristige Erleichterungen gewollt werden, die um den Preis ei ner langfristigen Verschärfung der Spaltung von Arbeitplätzen, Arbeitsinhalten und Einkommen zwischen Männern und Frauen zu haben sind. Und wenn es den Unterzeichnerinnen „letztlich (...) darum (geht), ein Emanzipationsbild zu entwicklen, in dem die Inhalte traditioneller Frauenarbeit, d.h. die Versorgung von Personen, Wahrnehmung sozialer Bezüge, Hinterfragung von sogenannten Sachzwängen als legitime Werte integriert sind und entsprechend wertemäßig sozial, politisch, finanziell anerkannt werden“ (Müttermanifest), so paßt dieses „Emanzipationsbild“ durchaus in ein Konzept gesellschaftlicher Arbeitsteilung, wie es von der konservativen Regierung der westlichen Industrienationen angestrebt (und bisher gerade von Frauen rigoros abgelehnt) wird - allerdings mit einer kleinen, aber entscheidenden Ausnahme: Während die Forderung nach politischer Aufwertung von traditioneller Frauenarbeit sicherlich schnell und wohlfeil zu erfüllen ist, sieht es mit der Forderung nach „ausreichende(r) und unabhängige(r) finanzielle(r) Sicherung für die Betreuungsarbeit“ (Müttermanifest) schon anders aus. Wenn wir davon ausgehen, daß die Unterzeichnerinnen des Müttermanifestes hierunter weder 600 DM Erziehungsgeld monatlich noch 5 DM Stunden–Honorar im Mütterzentrum verstehen, sondern von Absicherung erst die Rede sein kann ab einer Höhe von etwa 1.200 DM im Monat, so stellen sich hier - genauso wie in der Grünen–Diskussion um ein Mindesteinkommen - erst die interessanten Fragen: wird angesichts des seit Jahren andauernden Sozialabbaus die Durchsetzung einer solchen Finanzierung in wirklich interessanter Höhe für realistisch gehalten, oder wäre es nicht viel wahrscheinlicher, daß (wenn überhaupt) letztlich finanzielle Leistungen für Betreuungsarbeit durchsetzbar wären in einer Höhe, die zwar soeben ausreichte, Frauen weiter vom Erwerbsarbeitsmarkt zu verdrängen, aber eben nicht ausreichen würde, unabhängig und menschenwürdig zu leben? Kritiker/ innen des Mindesteinkommens sehen die Gefahr, daß hiermit u.a. ein Einfallstor geschaffen würde, Frauen auf relativ niedrigem Niveau (Modell Biedenkopf) für den Verzicht auf Erwerbsarbeit abzuspeisen. Dieser Problematik können sich diejenigen, die die Bezahlung der häuslichen Arbeit fordern, nicht - wie im Müttermanifest gesehen - entziehen. IV. So wichtig wir es finden, daß diejenigen, die als Frauen mit Kindern massiv unter diesen gesellschaftlichen Bedingungen zu leiden haben, sich selbstbewußt zu Wort melden, so sehen wir doch, daß es neben dieser gemeinsamen Erfahrung auch massive Unterschiede gibt, die wesentlich die Handlungsspielräume von Frauen mitbestimmen: Eine sozial abgesicherte Mutter hat andere Handlungsspielräume, als eine kinderlose Sozialhilfeempfängerin, berufstätige Mütter haben oft mehr Sozialkontakte, als Mütter, die keiner Berufstätigkeit nachgehen, kämpfen dafür aber mit den Problemen der Doppelbelastung. Eine gut verdienende Mutter, die sich eine Kinderfrau leisten kann, hat wiederum andere Möglichkeiten. Deshalb lehnen wir es ab, von den Müttern zu sprechen, oder Frauen gar in zwei Gruppen Mütter und Nichtmütter/Karrierefrauen einzuteilen und zu diffamieren. Dies geschieht im Müttermanifest allein dadurch, daß die Frauen, die - aus welchen Gründen auch immer - keine Kinder haben, quasi als Mängelwesen bezeichnet werden, als Nicht–Mütter (wo bleiben eigentlich die Väter und Nicht–Väter?). Diejenigen, die als Mütter berufstätig sind, werden in dem Müttermanifest sogleich als Karrierefrauen bezeichnet. Angesichts des Wunsches und auch der Notwendigkeit vieler Frauen, berufstätig sein zu wollen - ob mit oder ohne Kinder - angesichts der andauernden Angriffe der konservativen Öffentlichkeit auf berufstätige Frauen (“Doppelverdienertum“) können wir nicht verstehen, daß dem nun ausgerechnet von grüner Seite noch ein weiterer Stempel hinzugefügt werden soll, nämlich der der Karrierefrau. Wir glauben nicht, daß dies ein rein sprachliches Problem ist, sondern vermuten, daß sich dahinter eine ganz bestimmte Vorstellung gesellschaftlicher Realität verbirgt. Nur wer Erwerbstätigkeit von Frauen nicht als ihr selbstverständliches Recht ansieht, nur wer nicht sieht, daß es in dieser Gesellschaft große soziale Unterschiede gibt, die die Handlungsspielräume von Frauen wesentlich mitbestimmen, und nur wer übersieht, daß die meisten Frauen in dieser Gesellschaft von dem, was unter Karriere verstanden wird, meilenweit entfernt sind, der/die kann sich zu solchen Begriffen hinreißen lassen. Wir bedauern es, daß die berechtigten Anliegen von Müttern in dem Müttermanifest mit einem Frauenbild verknüpft werden, das wir seit Jahren bekämpfen. Erstunterzeichnerinnen: MarieLuise Beck–Oberndorf, MdB, Bremen; Verena Krieger, MdB, Witten; Marie–Therese Knäpper, Bonn; Christa Merkel, Bundesvorstand, Marburg; Regula Schmidt– Bott, MdB, Hamburg; Prof. Dr. Petra Milhofer, Uni Bremen; Siggi Ploog, Frauenreferentin Schleswig–Holstein, Kiel; Gisela Wuttke, Bonn; Birgit Bender, Frauenreferentin der Grünen im Landtag BaWü; Landesarbeitsgemeinschaft Frauen der Grünen in Niedersachsen; Arbeitskreis feministische Landtagspolitik in Niedersachsen.

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