: Werben für den Verfassungsschutz
■ Verfassungsschutzbericht Baden–Württemberg sieht „Terror“ hauptsächlich von Links / Zahlen über vermeintliche Stärke der RAF vorgelegt / Neonazis „meist ideologisch verführte Jugendliche“
Aus Stuttgart Dietrich Willier
„Die Bedrohung durch den Terrorismus hält unvermindert an, die internationale Entwicklung ist alarmierend, ausländische Organisationen gebärden sich immer aggressiver.“ So jedenfalls sieht das der baden–württembergische Innenminister Dietmar Schlee im Jahresbericht des Verfassungsschutzes. Die RAF habe sich strukturell durch eine „zweite kämpfende Ebene“ und sogenannte „illegale Militante“ verbreitert und versuche Anhänger aus den Reihen der sogenannten Autonomen zu rekrutieren. 20 Personen, so der Minister, gehörten zur Kommandoebene der RAF, 70 allein in Baden– Württemberg zu den direkten Unterstützern. Das „Umfeld“ der Autonomen schätzt der Verfassungsschutz auf 350 Personen. Die Übergänge zur RAF seien fließend, „europaweit muß mit weiteren Anschlägen gerechnet werden“. Welche Erkenntnisse dafür sprechen, sagte der Minister nicht. Ganz anders, so der Verfassungsschutzbericht, die Lage im Bereich des Rechtsextremismus. Zwar versuchten rechtsextreme Aktivisten immer wieder, Schüler, Azubis, jugendliche Arbeitslose, Mitglieder von Fan–Clubs oder Skins für ihre Ziele zu gewinnen, aber die Mehrzahl der Jugendlichen sei „immun gegen neonazistisches Gedankengut“. Ganze 190 Neonazis seien in Baden–Württemberg bekannt, 40–45 davon der FAP zuzuordnen. Wie relativ ungefährdet sich Rechtsextremisten in Baden– Württemberg denn auch bewegen können, veranschaulicht ein Freiburger Landgerichtsurteil im Anhang des Berichts: Wegen Sprengstoffdelikten zusammen mit französischen Autonomisten der „Schwarzen Wölfe“ waren zwei Freiburger Neonazis zu einem halben beziehungsweise eineinhalb Jahren Gefängnis verurteilt worden. Mit einem Faltblatt will das Stuttgarter Innenministerium jetzt um die öffentliche Unterstützung des Verfassungsschutzes werben. Das Amt war im vergangenen Jahr verschiedentlich in die Schlagzeilen geraten, sein Ansehen, so der Innenminister, sei „durchaus verbesserungsbedürftig“.
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