piwik no script img

Umweltschutz auch am Arbeitsplatz

■ Umweltschutzverbände legen in Bonn Studie über „Chemie am Arbeitsplatz“ vor / Zulässige Grenzwerte sollen auch für Arbeitnehmer an gefährlichen Arbeitsplätzen gelten

Aus Bonn Charlotte Wiedemann

Konkrete Hilfe für den einzelnen Arbeitnehmer und eine bessere Zusammenarbeit zwischen Umweltschützern und Gewerkschaften ist das Ziel der Studie „Chemie am Arbeitsplatz“, die gestern in Bonn vorgestellt wurde. Das Freiburger Öko–Institut, der BUND, das Umwelt– und Diagnose–Labor Fulda sowie das Katalyse–Institut als Herausgeber haben mit diesem Handbuch erstmals die Belastungen der Beschäftigten branchenspezifisch zusammengestellt. Dabei geht es nicht etwa um die chemische Industrie, wo die Gesundheitsgefährdung der ArbeitnehmerInnen noch am ehesten bekannt ist, sondern um die wachsende „Chemisierung“ der übrigen Arbeitsplätze von der Holzindustrie bis zur Landwirtschaft. „Wir müssen den Trend stoppen, daß die kräftigsten Menschen für die gefährlichsten Arbeiten ausgesucht werden, statt die Arbeitsplätze an die Gesundheit der Menschen anzupassen“, erklärte Frank Claus vom BUND. Häufig seien es Chemikalien, die im Umweltbereich als Problem erkannt sind, am Arbeitsplatz aber als Gefahr tabuisiert werden. Ganz oben auf der Liste der Forderungen der Verbände für ein neues Arbeitsschutzsystem steht denn auch die Aufhebung des Unterschieds zwischen zulässigen Grenzwerten für die Allgemeinbevölkerung und denen am Arbeitsplatz. So sei es nicht damit getan, wenn Kindergärten wegen Formaldehyd geschlossen würden, aber gleichzeitig die Arbeitnehmer bei der Herstellung von Spanplatten dieses Gift in wesentlich höheren Dosen täglich einatmen müssen. Krankenschwestern müssen allein mit vier Stoffen arbeiten, die verdächtigt werden, Erbgutschäden zu verursachen. Arbeitsschutz sei oft auch Umweltschutz, indem zum Beispiel Alternativen für besonders schädigende Produktionsverfahren gefunden würden. Über den Forderungskatalog für ein neues Arbeitsschutzsystem stehen Gespräche mit den Gewerkschaften in Aussicht, sagt Wolfgang Linden vom Katalyse–Institut. Die IG Metall zum Beispiel will Teile der Studie als Sonderdruck verbreiten. Im Buchhandel ist das Handbuch „Chemie am Arbeitsplatz“ als rororo–aktuell–Taschenbuch erhältlich. B A R O E T E R 11.6.87 629.000

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen