: Prozeß um CS–Gaseinsatz an der WAA
■ Verwaltungsgericht muß Rechtmäßigkeit des Gaseinsatzes am WAA–Bauzaun prüfen / Sieben verletzte Demonstranten klagen / Wasser mit CS– und CN–Zusatz gegen friedliche Menschenkette
Regensburg (dpa) - Der erste Großeinsatz von CS–Gas in der Geschichte der Bundesrepublik durch die bayerische Polizei am Ostermontag 1986 am Baugelände der Wiederaufarbeitungsanlage Wackersdorf (WAA) hat ein gerichtliches Nachspiel. Seit Montag prüft das Verwaltungsgericht Regensburg die Klage von sieben durch Gasschwaden teilweise gesundheitlich geschädigten Demonstranten. Geklärt werden soll, ob das Versprühen des Reizmittels rechtswidrig war und die Verhältnismäßigkeit der Mittel gewahrt wurde. Angesichts des „streitmachtartigen Auftretens von Gewalttätern“ und der Wirkungslosigkeit anderer Maßnahmen sei die Anwendung zum Schutz des WAA– Bauzauns notwendig und zu rechtfertigen gewesen, sagte der ver antwortliche Einsatzleiter, der ehemalige Polizeipräsident von Niederbayern/Oberpfalz, Hermann Friker, als Zeuge. Starker Wind habe möglicherweise dazu geführt, daß, wie im Nachhinein Zeugen wiederholt aussagten, auch Unbeteiligte getroffen worden seien. 30.000 AKW–Gegner hatten am Ostermontag 1986 auf einer Kundgebung etwa 500 Meter vom Baugelände entfernt gegen den Bau der WAA demonstriert. Den Polizeiprotokollen zufolge wanderte ein großer Teil der Demonstrationsteilnehmer während und nach der Osterkundgebung zum Bauzaun. In ihrer Stellungnahme erklärten die Kläger, sie seien als unbeteiligte Spaziergänger von Wasserwerfern und durch Granaten mit CS–Gas attackiert worden. Sie seien vor dem Reizstoffeinsatz weder aufgefordert worden, das Gelände zu verlassen, noch sei der Grund für den Wasserwerfereinsatz erkennbar gewesen. Gasnebel hätte sich auch an den Zaunabschnitten verbreitet, an denen es keine Gewalttätigkeiten gegeben habe. Eine Menschenkette, mit der friedliche WAA–Gegner Übergriffe von Gewalttätern verhindern wollten, sei von der Polizei mit ätzenden Wasserfontänen auseinandergetrieben worden. Der Wasserwerfereinsatz sei siebenmal angekündigt worden, behauptete daher die Polizei. Dem Wasser sei jeweils die höchste zulässige Menge von 300 Milligramm pro Liter CS– und CN– Konzentrat beigemischt worden. Die Einsatzpläne seien mit dem bayerischen Innenministerium abgestimmt gewesen, sagte Friker.
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