: Sinti fordern Wiedergutmachung
■ Zentralrat kritisiert Versäumnisse und Ungleichbehandlung bei der Wiedergutmachung von Sinti und Roma / 535 Fälle vorenthaltener Entschädigungsrenten bei Kanzler Kohl angemahnt
Bonn (ap/taz) - Der „Zentralrat deutscher Sinti und Roma“ hat am Dienstag erneut kritisiert, daß die Wiedergutmachungsleistungen an alle in der NS–Zeit geschädigten Sinti und Roma oder ihre Angehörigen nicht so erfolgen, wie es gerecht wäre. Am Vortag der Expertenanhörung im Innenausschuß des Deutschen Bundestages leitete die Organisation 100 weitere Fälle „vorenthaltener Entschädigungsrenten für Sinti und Roma“ Bundeskanzler Helmut Kohl zu. Bereits Ende November letzten Jahres hatte der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma 435 Fälle an Bundeskanzler Kohl übergeben. Bislang ohne Ergebnis, wie der Vorsitzende Romani Rose erklärte: Seit Februar führe das Fi nanzministerium eine Umfrage bei den Landesämtern für Wiedergutmachung durch. „In der Praxis der Wiedergutmachungsämter wurden in Zusammenarbeit mit den ehemaligen Organisatoren des Völkermords die rassischen Gründe bei der Verfolgung der Sinti und Roma geleugnet“, kritisierte die Organisation am Dienstag vor der Presse in Bonn. Die Rechtsprechung bis zum Bundesgerichtshof bestätige die Praxis mit Formulierungen wie z.B. der vom „primitiven Urmenschen“ und dem „ungehemmten Okkupationstrieb der Zigeuner“. Der Zentralrat appellierte an die Bundesregierung und an den Bundestag, die Versäumnisse und die Ungleichbehandlung in der Wiedergutmachungspraxis nach dem Bundesentschädigungsgesetz und der „Härteregelung“ von 1981 endlich zur Kennntis zu nehmen und zugunsten aller noch lebenden NS–Opfer menschenwürdige Regelungen für Mindestentschädigungsrenten sofort einzuführen. Der Zentralrat verlangte ferner für die 535 der Bundesregierung jetzt vorliegenden Fälle von Sinti und Roma umgehend Renten nach den geltenden Gesetzen. Der FDP–Abgeordnete Lüder zeigte sich einen Tag vor dem Bundestagshearing zum Thema Entschädigung konziliant: „Die FDP wird an die Frage offen herangehen, ob Neuregelungen bei Härtefonds ausreichen, ob eine Stiftung geschaffen werden oder ob neue Instrumente versucht werden müssen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen