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Ist Krümmel auf Sprengstoff gebaut?

■ BUND: Das AKW steht auf dem Gelände einer NS–Dynamit–Fabrik / Standorte der NS–Rüstungsproduktion bis heute nicht saniert / Gefahr an 72 Orten / BUND schätzt Sanierungskosten auf 2 Milliarden Mark

Von Charlotte Wiedemann

Bonn (taz) - Das Atomkraftwerk Krümmel steht auf dem nichtsanierten Gelände einer ehemaligen Sprengstoff–Fabrik. An insgesamt 72 Standorten nationalsozialistischer Rüstungsproduktion gefährden die chemischen Altlasten im Boden heute noch Umwelt und Menschen. Mit diesen brisanten Informationen wartete der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) gestern in Bonn auf. Für die Bewältigung dieses „gigantischen Umweltproblems“ ist direkt die Bundesregierung verantwortlich. Denn die reichseigene „Montan“, der während des Kriegs die meisten Rüstungstandorte gehörten, änderte 1951 ihren Namen in „Industrieverwaltungsgesellschaft“ (IVG), und Mehrheitsgesellschafter der IVG ist heute die Bundesrepublik. Die Giftgas– und Sprengstoff– Fabriken wurden nach Kriegsende überwiegend demontiert oder gesprengt -“um die Sanierung hat sich damals niemand gekümmert“, so Altlasten–Gutachter Ulrich Schneider. Die IVG hat nach BUND–Recherchen einen Teil der Standorte mit der Umwelt–Bombe im Boden gewinnbringend verpachtet, zum Beispiel an die Atomindustrie, andere auch weiterverkauft. Für die bisher einzige Untersu chung und Sanierung einer ehemaligen Sprengstoff–Fabrik in Hessisch–Lichtenau - heute Hirschhagen– gab das Land Hessen bisher zwölf Millionen Mark aus. Allein die weiträumige Verseuchung des Grundwassers verursachte Kosten von zehn Millionen Mark. Eine weitergehende Sanierung nur dieses einen Standorts wird zig Millionen kosten. Für die Untersuchung und Sanierung sämtlicher alter Rüstungsgelände in der BRD müßten nach BUND– Schätzungen zwei Milliarden Mark aufgewendet werden. Nach dem Verursacherprinzip müßten dafür, so der BUND, das Verteidigungsministerium, das IVG–Vermögen und die IG–Farben–Nachfolger wie Dynamit– Nobel, Degussa und WASAG herangezogen werden. Auch im hessischen Umweltministerium sieht man die Kosten allein für Hessisch–Lichtenau als „Faß ohne Boden“ an. Versuchsweise wurden der IVG jetzt vom Ministerium Leistungsbescheide über bescheidene 600.000 Mark zugestellt. Vom Ausgang dieses Rechtsstreit werden Zahlungen des Bundes (via IVG) für die Altlasstensanierung abhängen; denn rechtlich ist die Verantwortung der IVG umstritten. Der BUND hat jetzt selber Aktien der IVG erworben, um auf der heutigen Hauptversammlung die dubiosen Geschäfte dieser weitverzweigten Firma anzuprangern. (Liste der Standorte siehe Seite 5).

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