Golf frei für Moskau

■ Kriegsschiffe aus dem Golf / Ungeachtet der Bemühungen, im UNO–Sicherheitsrat eine Resolution zum Ende des Krieges durchzusetzen, hüllt sich Washington in Schweigen

Moskau (afp/ap/dpa/taz) - Sechseinhalb Jahre nach dem Beginn des Golfkriegs zeichnet sich erstmals die Möglichkeit einer „bindenden“ Entschließung des Weltsicherheitsrats für eine Beendigung des Konflikts zwischen Iran und Irak ab. Der amerikanische UNO–Botschafter Vernon Walters teilte am Samstag in Moskau mit, bei den fünf ständigen Mitgliedern des Rats - China, Frankreich, Großbritannien, UdSSR und USA - gebe es eine starke Unterstützung für eine solche Resolution, an die die Kriegsparteien als Mitglieder der UNO im Prinzip gebunden wären. Die Sowjetunion hat am Freitag den Abzug aller Kriegsschiffe aus dem Persischen Golf vorgeschlagen, die nicht zu den Anrainerstaaten gehören. Gleichzeitig wurde vor einer Internationalisierung des iranisch–irakischen Krieges gewarnt. Mit einem Seitenhieb an die Adresse der USA, hieß es weiter, auch die Sowjetunion, die in „unmittelbarer Nähe“ des sich ausweitenden Konfliktherdes liege, sei besorgt. Die Führung in Moskau warf den USA vor, die „besorgniserregende Situation“ im Golf für deren eigene Machtinteressen auszunutzen. Die Anwesenheit einiger sowjetischer Schiffe in dieser Region sei zwingend notwendig, um die sowjetischen Handelsschiffe zu begleiten. Außerdem sei bekannt, daß diese Kriegsschiffe auf Bitten und mit Wissen der Anrainerstaaten in den Persischen Golf geschickt worden seien. Dies gilt allerdings auch für die amerikanischen Schiffe, die ab Mitte des Monats elf kuwaitische Tankern Geleitschutz bieten werden. Die USA hatten ihre Verhandlungen mit dem Golfstaat beschleunigt, nachdem Ende Februar in Washington bekannt geworden war, daß die Sowjetunion und Kuwait übereingekommen waren, fünf kuwaitische Schiffe unter sowjetischer Flagge fahren zu lassen. Kuwait hatte sich bemüht, beide Supermächte in einen Schutz der internationalen Schiffahrt im Persischen Golf miteinzubeziehen, was in Washington auf wenig Gegenliebe gestoßen war. Der Sowjetunion bot dies eine günstige Gelegenheit, ihren Einfluß in der Region zu stärken und diplomatisch in die Offensive zu gehen, dies umso mehr, als der Reagan–Administration nach den Waffenlieferungen für den Iran das Image eines unzuverlässigen Kantonisten anhaftete. Im Weißen Haus zeigt man sich über die jüngsten sowjetischen Aktivitäten - UNO–Resolutionen über ein Kriegsende hin oder her - denn auch nicht sehr erbaut. „Die Sowjets werden plötzlich im Nahen Osten sehr aggressiv“, zitierte die New York Times einen Regierungsvertreter. Mit dem Vorschlag nach Abzug aller fremden Kriegsschiffe aus dem Golf wolle sich Moskau als Verfechter einer diplomatischen Lösung profilieren und beweisen, daß auch die Sowjetunion eine Rolle im Friedensprozeß im Nahen Osten spielen könne. Bei einem derartigen Verständnis von einer „aggressiven“ Rolle wundert es nicht, wenn auf die sowjetische Offerte zunächst keine Reaktion aus Washington vorlag. bs