Straßenschlacht in Panama: Militär behält Oberhand

■ Rechtsopposition demonstrierte am Freitag trotz Verbot für die Absetzung von Armeechef Noriega / Der bot am Abend Volksentscheid über seinen Verbleib an

Von Ralf Leonhard

Panama–Stadt (taz) - Mindestens ein Dutzend Verletzte und über hundert Verhaftete sind das Resultat von schweren Zusammenstößen, die sich letzten Freitag ereigneten, als die Rechtsopposition versuchte, eine verbotene Demonstration in Panama– Stadt abzuhalten. Mit der Demonstration, die die Absetzung von Panamas „starkem Mann“, General Noriega, forderte, widersetzten sich die Führer des „Zivilen Nationalen Kreuzzuges“ der zwischen Regierung und Unternehmern ausgehandelten Kompromißlösung, die von der Kirche und der US–Botschaft vermittelt worden war. Das Bild einer brennenden Stadt am Rande des Bürgerkriegs, das über die Fernsehkamaras in alle Welt lief, täuscht jedoch: die Unruhen waren nach wenigen Stunden vorbei, als es den Demonstranten nicht gelang, ihren Protest auch in die Arbeiterviertel zu tragen. Gewerkschaften und linke Gruppierungen hatten sich, wenn auch in Opposition zur Regierung, nicht beteiligt, da ihnen „eine Politik des Austauschs von Personen“ nicht ausreicht. Die Streitkräfte hatten strikte Anweisung, jede Konzentration im Umkreis El Carmen– Kirche am Rande des eleganten Geschäftszentrums zu verhindern. „Die sollen ruhig hupen und Taschentücher wedeln, aber Demonstrationsmarsch gibts hier keinen“, sagte ein Offizier, bevor die Straßenschlacht begann. Auch wenn es am Samstag zu erneuten Hupkonzerten von Regierungsgegnern kam, hat die Regierung die Situation so weit unter Kontrolle, daß sie nicht erneut den Notstand verhängte. In einer Fernsehansprache am Freitag bot General Noriega an, in einer Volksabstimmung über seine Rolle an der Spitze der Streitkräfte entscheiden zu lassen. Fortsetzung auf Seite 6 siehe auch Seite 8 Gruppen von Demonstranten, die von allen Seiten herbeiströmten, hatten am Freitag die Straßen durch Barrikaden aus brennenen Abfalltonnen und umgeworfenen Verkehrsschildern abgesperrt und Parolen gegen Armeechef General Noriega skandiert. Kleine Trupps von Soldaten, bewaffnet mit Schlagstöcken und Schrotflinten, trieben die Gruppen auseinander, die sich immer wieder neu sammelten. Als sich die Stimmung im Laufe des Nachmittags aufschaukelte, begannen die Soldaten mit Vogelschrot zu schießen: erst in die Luft, dann auch in die Menge. In der Via Argentina, wo sich auch die Deutsche Botschaft befindet, wurde eine regelrechte Steinschlacht ausgetragen, als sich die Streitkräfte daran machten, die Straße von Barrikaden zu säubern. Aus den Wohnhäusern hagelte es Steine, Blumentöpfe und andere Gegenstände. Die Führer der Opposition, darunter der Christdemokrat Ricardo Arias Calderon, hatten sich auf hohen Bankgebäuden verschanzt. Die Straßen des eleganten Geschäftszentrums glichen einem Schlachtfeld, als die Kämpfe mit Einbruch der Dunkelheit ihr Ende fanden.