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Ajoub „freiwillig“ ausgereist

■ Der libanesische Asylbewerber Ali Kemal Ajoub hat gestern in Frankfurt vor aussichtsloser Rechtslage kapituliert / „Freiwillig“ vorerst nach Zypern in Begleitung zweier Polizeibeamter ausgereist

Von Martin Wollenberg

Berlin (taz) - Die psychische Belastung im Frankfurter Abschiebeknast und die ausweglose juristische Situation haben den libanesischen Asylbewerber Ali Kemal Ajoub offenbar dazu veranlaßt, sich freiwillig in den Libanon abschieben zu lassen. In Begleitung von zwei Polizeibeamten wurde er gestern mit einer Lufthansa–Maschine von Frankfurt nach Larnaka auf Zypern geflogen. Per Fährverbindung sollte er anschließend in die libanesische Ha fenstadt Julijeh geschafft werden. Nach einer dreijährigen Haftstrafe wegen Drogenhandels war er am 27. Juni von Berlin nach Frankfurt in Abschiebehaft verbracht worden. Kurz vor dem von den Behörden geplanten Weiterflug nach Beirut verletzte sich der Asylbewerber mit einer Rasierklinge am Bauch und verhinderte so die Deportation. In Berlin hatten mehrere Anwälte vergeblich versucht, die Abschiebung zu verhindern. Auch eine Unterschriftenliste, die vom Bremer Ex–Bürgermeister Koschnik mitunterzeichnet worden war, stimmte die Berliner Innenverwaltung nicht um. Ein in Hessen gestellter Asylfolgeantrag war vom Verwaltungsgerichtshof in Kassel an die Berliner zurückverwiesen worden. Damit war jede Hoffnung auf einen positiven Ausgang des Falles zerstört. Ajoub entschloß sich offenbar zur freiwilligen Ausreise, nachdem sein Rechtsanwalt Reinhard Marx ihm die Ausweglosigkeit der juristischen Situation auseinandergesetzt hatte, erläuterte der Pfarrer der Frankfurter Flughafenseelsorge, Pastor Gutberlet. Er zweifelt allerdings die Freiwilligkeit der Ausreise an. Er hatte den Libanesen noch gestern morgen in der Abschiebehaftanstalt besuchen wollen. „Alles in Ordnung“, war ihm daraufhin versichert worden. Zu der Zeit befand sich Ajoub bereits auf dem Frankfurter Flughafen. „Er ist klammheimlich außer Landes geschafft worden“, resümiert der Seelsorger. Er hat inzwischen das Internationale Rote Kreuz in Larnaka benachrichtigt. (siehe Dokumentation S.5)

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