: D O K U M E N T A T I O N „Der Präsident hätte es genehmigt“
■ John Poindexter, Reagans ehemaliger Sicherheitsberater, vorm Untersuchungsausschuß
North hatte im Januar 1986 von den Zwischenhändlern im Iran–Deal das Angebot bekommen, die Handelsspanne aus dem Waffenverkauf an die Contra fließen zu lassen. Er trug dies Poindexter vor, der seine Reaktion darauf im folgenden beschreibt: „North erwartete ganz offensichtlich, ein Signal von mir zu erhalten, ob er entlang dieser Linie fortfahren solle, und ich gab es ihm. Um dies im richtigen Kontext zu sehen, muß ich meinen Gemütszustand zu jenem Zeitpunkt beschreiben und was uns damals beschäftigte. Die Politik des Präsidenten in bezug auf die Unterstützung der Contra hatte sich seit 1981 nicht geändert. Es hatte die verschiedenen Fassungen des Boland–Amendments gegeben (des Kongreßbeschlusses, der die militärische Unterstützung der Contra durch die US–Regierung von Oktober 1984 bis Oktober 1986 verbot; Anmerkung S.S.), aber der Präsident hielt an seiner Unterstützung fest. Er machte sie 1984 zum Wahlkampfthema und wurde mit einer großen Mehrheit wiedergewählt. Ich war absolut sicher zu wissen, was die Politik des Präsidenten gegenüber der Contra war. Ich war mir bewußt, daß der Präsident von ihrer Unterstützung durch Drittländer informiert war, daß er über die private Hilfe Bescheid wußte, und, so wie es Leutnant North mir damals beschrieb, war dies (die Abzweigung - S. S.) eindeutig eine derartige Kategorie. Diese Gelder waren, so wie CIA–Direktor Casey und ich den Handel abwickelten, entweder private Gelder, oder sie waren Mittel von Drittländern. Für mich war das ganze eine Ausführung der Politik des Präsidenten, die Contra zu unterstützen. Wir arbeiteten an dem Antrag auf weitere 100 Millionen Dollar für die Contra, ich wußte, daß die Bewilligung durch den Kongreß dauern könnte - es dauerte von Februar bis Oktober - aber wir waren in einer Situation, in der die 27 Millionen humanitärer Hilfe fast aufgebraucht waren und wir dringend eine Überbrückungsfinanzierung brauchten. Reagan war entschlossen, nicht tatenlos der Konsolidierung eines kommunistischen Landes auf dem amerikanischen Festland zuzuschauen. Um dies am effektivsten zu verhindern, wollte er den Druck auf die Sandinisten aufrechterhalten. Dies geschah am besten - sofern man nicht amerikanische Truppen dort hinsendet - indem man die Contra am Leben erhielte. Dies (die Verwendung von Profiten aus dem Waffenverkauf an den Iran - S.S.) war in meinen Augen eine mögliche Zwischenfinanzierung für diese kurze Zeit. (...) Unter Abwägung all dieser Aspekte und weil ich meinte, die Autorität zu haben, dies zu genehmigen, denn ich hatte den breitgefaßten Auftrag des Präsidenten, die Contra zu unterstützen, nachdem ich außerdem fünfeinhalb Jahre mit dem Präsidenten zusammengearbeitet habe, die letzten drei davon sehr eng, war ich überzeugt, daß er es genehmigt hätte. Ich war nicht so naiv zu glauben, daß dies keine politisch brandheiße Frage sei - das war sie sicherlich, denn der Kongreß war über diese Frage tief gespalten. Viele Leute würden Einwände haben, es würde Anschuldigungen geben. Aber ich war überzeugt, daß es zulässig wäre, dies zu tun und daß der Präsident es gutheißen würde, falls wir ihn fragten. Doch ich traf die sehr bewußte Entscheidung, ihn nicht darum zu ersuchen, um ihn von dieser Entscheidung zu isolieren und um uns die Möglichkeit zu bewahren, seine Kenntnis davon dementieren zu können, falls es jemals an die Öffentlichkeit dringen würde. Wir hofften jedoch, daß dies nicht geschehen würde. Ich habe vor dem 24. November 1986, als ich von Justizminister Meese befragt wurde, mit niemandem außer Oberstleutnant North über diesen Plan gesprochen. Wenn der Präsident mich gefragt hätte, hätte ich ihm sehr wahrscheinlich davon berichtet, aber er hat dies nie getan. Es ist wichtig zu betonen, daß die Verantwortung bei mir liegt, es war meine Entscheidung, ich glaubte, die entsprechende Befugnis dazu zu haben, ich hielt es für eine gute Idee, und ich war überzeugt, daß auch der Präsident am Ende denken würde, es sei eine gute Idee. Aber ich wollte ihn nicht in Verbindung mit dieser Entscheidung bringen.“
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