: Satte Preiserhöhung in Ungarn
■ Preiserhöhungen, neue Steuern und die Einführung marktwirtschaftlicher Elemente sollen die Wirtschaft sanieren / Gewerkschaften: Steigende Arbeitslosigkeit „Schmerzgrenze“
Budapest (ap/taz) - Seit Montag sind in Ungarn Konsumgüter teurer geworden. Gut 20 Prozent werden die Preise für Brot, Mehl, Heizung, Elektrizität, Gas, Kohle und über hundert anderer Waren steigen. Tabakwaren werden ebenfalls mit 20 Prozent mehr belastet, und Autofahrer müssen eine 10 Prozentige Benzinpreiserhöhung schlucken. Um die Preissteigerungen für die Bevölkerung erträglicher zu machen, hat die Regierung eine ab August in Kraft tretende Erhöhung der Altersrenten beschlossen. Mit 100 Forint im Monat ( das entspricht drei Mark) ist sie für Rentner unter 70 Jahren allerdings mager ausgefallen. Die älteren und die Invaliden dagegen bekommen einen Inflationsausgleich. Diese Maßnahmen sind Folgen des „sozialen und wirtschaftlichen Entwicklungsprogramms“, das das ungarische Zentralkomitee am 2.Juli beschlossen hatte. Damit sollen vor allem jene Unternehmen rentabler gemacht werden, die in Hartwährungsländer exportieren können, um die Auslandsschulden von rund 13 Milliarden Dollar abzubauen und das Handelsdefizit zu verringern. Seit letztem Jahr schon ist der Bankrott von Unternehmen, die unrentabel wirtschaften, möglich. Und die Regierung zögert auch nicht mehr, solchen Betrieben die Subventionen zu entziehen. Banken gewähren nur noch Kredite an produktive Betriebe. Das Zentralkomitee hat eine Umsatz– und Lohnsteuer eingeführt und auch über eine neue Mehrwertsteuer wird diskutiert. Die Steigerung der Produktivität, die Einführung marktwirtschaftlicher Elemente führt zu einem drastischen Absinken des Lebensstandards der abhängig Beschäftigten. Heftige Diskussionen gibt es in den Gewerkschaften über den neuen Kurs. Trotzdem haben sich die Gewerkschaftsspitzen am Wochenende dazu entschlossen, den Reformkurs mitzutragen. Die Schmerzgrenze für die Arbeiter sei das Anwachsen der Arbeitslosigkeit.
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