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Dr. Schuldenbergs Lack ist ab

■ Finanzminister Stoltenberg und die Wende rückwärts in der Haushaltssanierung

Einst Fundamentalisten in Sachen Haushaltssanierung von den Oppositionsbänken aus, haben sich die Unionspolitiker über die Regierungsverantwortung zu schnöden Sanierungs–“Realos“ entpuppt. Und das heißt vor allem für Finanzminister Stoltenberg die Verwaltung der Pleite. Der Mann, der sich vor Jahresfrist noch Hoffnung auf eine schnelle Nachfolge im Kanzleramt machen konnte, ist nun endgültig als Finanzsupermann demontiert. Anschauliches wie peinliches Beispiel: Noch im Sommer 1986 hatte Stoltenberg für das Jahr 1990 bei den öffentlichen Haushalten ein Finanzierungs– Gesamtdefizit von 26 Milliarden DM angesetzt. Gerade ein Jahr später bekam er von seinen Steuerschätzern eine gänzlich andere Prognose vorgelegt: 64,5 Milliarden DM fehlen im Jahr 1990 in den öffentlichen Schatullen. Der Löwenanteil der Schätzungs–Korrektur steckt zwar bei Ländern und Gemeinden, der Irrtum basiert nichtsdestotrotz auf großartiger Schönfärberei Bonns: Das tatsächliche Wirtschaftswachstum konnte die anvisierten Margen nicht erreichen, und das heißt für die öffentlichen Steuereinnahmen Ebbe, mithin wieder höhere Kreditaufnahme. Die insgesamt aufgelaufenen Schulden von Bund, Ländern und Gemeinden werden im Jahr 1990, dem Jahr der großen Steuerreform, die Billionen–Grenze (1.000.000.000.000 DM) überschreiten. Das Ministerium geht inzwischen selbst von einer Wende rückwärts in der Haushaltssanierung aus. Nachdem im laufenden Jahr der Fehlbetrag im Bundeshaushalt mit 26 Milliarden DM um vier Milliarden höher ausfallen soll als geplant, gehen die ministeriellen Schätzer für das Jahr 1990 von 33 Milliarden DM aus. Damit wäre man in etwa da angelangt, wo Schmidt und Apel aufhörten, wobei die Steuerreform hier noch nicht berücksichtigt ist. Die hohen Gewinne der Bundesbank, die in guten Jahren bis zu 12,9 Milliarden DM an Bonn ablieferte (einst auch unter Protest der oppositionellen Union), dürften passe sein und ebenso das gute Gefühl, daß die Dollars in den Frankfurter Tresoren gegenüber den verbuchten Zahlen doppelt so viel Wert sind. Doch nicht nur die lahmende Wirtschaft und die Einnahmeseite Stoltenbergs stimmen hinten und vorne nicht. Vielmehr ist das Ergebnis in Sachen Lichtung des Subventionsdschungels auf der Ausgabenseite gleich null bzw. unter null. Graf Lambsdorff - diesmal frei von Ministerzwängen - entpuppt sich nun als der Nörgler, den er in den letzten Zügen der sozialliberalen Koalition bereits andeutete: In der Frage der Subventionen habe die Regierung einen „Minus–Rekord“ aufgestellt. Von 1983 bis 1985 stiegen die Bundeszuschüsse an marode wie angeblich zukunftsträchtige Branchen um sieben Milliarden DM an. Da wurden erst kürzlich mal eben fünf Milliarden DM für den Airbus beschlossen, die Subventionen für die Kohle sind 1987 mit zehn Milliarden DM doppelt so hoch wie 1985 und Landwirtschaftsminister Kiechle freut sich, wenn er von Brüssel die Genehmigung erhält, weitere Gelder in den Agrarbereich zu pumpen. Und der kürzlich vorgelegte Entwurf für den Bundesetat schafft erst recht keine Klarheit, woher die Bundesregierung ihren Anspruch zieht, die Haushaltssanierung ernst zu nehmen. Ausgerechnet der Posten, aus dem erhebliches an versteckten Subventionen fließt, konnte noch einmal dazulegen (um zwei Prozent). Forschungsminister Riesenhuber darf erneut mehr Forschungs– und Entwicklungshilfe für die bundesdeutsche Industrie vergeben. Das Bonner Sommerloch dürfte durch das Finanzloch des Dr. Schuldenberg, wie man in der Hauptstadt spricht, gehörig gefüllt werden.

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