: Bahn will Güterverkehr reduzieren
■ Jeder vierte Güterbahnhof soll stillgelegt werden / Ungünstige Situation im Wettbewerb gegenüber Lkw–Transporten / Gewerkschaften sehen Einstieg in weitere Kürzungen / Umweltminister hat keine Meinung
Berlin (taz/ap) - Mit dem bekannten Verweis auf die fehlende Zuständigkeit reagierte gestern das Umweltministerium auf die Ankündigung der Bundesbahnverwaltung, den Güterverkehr auf der Schiene radikal zu durchforsten. Die von Umweltminister Töpfer in einem Interview mit der taz geäußerte Position, „die Verlegung des Transportes auf die Schiene weiterzuverfolgen“ (siehe taz von gestern), beziehe sich ja nur auf den Transport gefährlicher Güter. Am Freitag hatte die Frankfur ter Hauptverwaltung der Bahn Informationen der Gewerkschaft Deutscher Bundesbahnbeamter, Arbeiter und Angestellter (GDBA) bestätigt, wonach aus Kostengründen ungefähr jeder vierte Güterbahnhof stillgelegt werden soll. Nach Angaben der Bundesbahnverwaltung soll „bei rund 1.000 der 4.000 Tarifpunkte der Bahn die Bedienung auf der Schiene erheblich verändert oder aufgegeben werden“. Eine Stillegung werde überall dort in Betracht kommen, wo „die Bedie nungskosten höher liegen als die erzielbare Fracht“. Die Bahn begründete die geplanten Maßnahmen mit einer ungünstigen Situation im Wettbewerb gegenüber LKW–Transporten und der Binnenschiffahrt. Künftig sollten Leistungen mit „wesentlich weniger Kapazitäten bei Anlagen, Lok, Wagen und Personal“ erbracht werden. Erste Ergebnisverbesserungen sollen „spätestens zum Fahrplanwechsel im Juni 1988“ vorliegen.“ Unterdessen teilte die Gewerkschaft der Eisenbahner Deutschlands (GDED) mit, daß Bundeskanzler Helmut Kohl die vom Bundesbahnverwaltungsrat beschlossene Schließung des Eisenbahn– Ausbesserungswerks Stuttgart– Bad Cannstatt gebilligt habe. Haar reagierte darauf „mit tiefer Enttäuschung“ und kündigte einen bundesweiten Protestmarsch nach Bonn an. Nach Einschätzung des stellvertretenden GDED– Vorsitzenden Schäfer erhöhe sich durch Stillegungen im Güterverkehr auch das Defizit des Personenverkehrs auf den betroffenen Strecken.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen