I N T E R V I E W Die Theorie der Drosselklappe

■ Dr. Erika Emmerich, Präsidentin des Flensburger Kraftfahr–Bundesamtes, zum Katalysator–Streit / Könnte der Kat auch im Vollastbereich wirksam bleiben? / „Sie können auch ein Auto bauen, das nur im Rückwärtsgang fährt“

taz: Besitzt der Opel „Omega“, den Sie getestet haben, eine Schaltung, die die Lamda– Sonde des geregelten Dreiwege–Katalysators bei hohen Geschwindigkeiten außer Kraft setzt? Dr. Erika Emmerich: Der Opel „Omega“ hat eine sogenannte Drosselklappe, die in der Genehmigung enthalten ist. Diese Drosselklappe bewirkt, daß bei Höchstlast, also nicht nur bei hohen Geschwindigkeiten, sondern auch beim Anfahren am Berg, Überholen am Berg, beim Ziehen schwerer Lasten, eine Gemisch–Anfettung stattfindet und damit die Schadstoff–Reduzierung verschlechtert wird. Es werden also mehr Schadstoffe ausgeschieden? Das ist richtig, allerdings sieht es unter dem Strich so aus, daß die Werte der strengen US– Vorschrift eingehalten werden. Man darf ja nicht nur vom Betriebszustand der Vollast ausgehen, der vielleicht ein bis vier Prozent des üblichen Fahrverhaltens ausmacht. Man muß den gesamten Fahrbereich betrachten, und da hat der Opel insgesamt ausgezeichnete Werte. Trotzdem gilt, daß der Schadstoff–Ausstoß bei Vollast erhöht wird. Das ist richtig. Das wird er im übrigen auch beim Kaltstart. Deswegen muß man den Gesamt–Fahrzyklus betrachten und nicht einzelne Betriebszustände. In den Zulassungsbestimmungen Anlage 23 und 25 steht aber eindeutig, daß die emissionsmindernden Einrichtungen im gesamten Geschwindigkeitsbereich wirksam sein müssen und nicht außer Kraft gesetzt werden dürfen. Damit ist ausgedrückt, daß die emissionsmindernden Einrichtungen nicht durch einen Bypass umgangen werden dürfen, aber es ist damit nicht gesagt, daß eine starr festgelegte Schadstoff–Reduktionsmenge über den gesamten Geschwindigkeitsbereich voll erhalten bleiben muß. Das ginge ja auch gar nicht, weil wir z.B. beim Kaltstart überhaupt keine Schadstoff–Reduzierung haben. Aber es wäre doch jederzeit möglich, die Autos so einzurichten, daß der Kat auch im Volllastbereich voll wirksam bleibt. Es wäre alles möglich. Sie können auch ein Auto bauen, das nur im Rückwärtsgang fährt. Aber der Katalysator nimmt ja etwas von der Leistung... knapp fünf Prozent... ...und es ist beim Überholen und in der gesamten Vollast für einen störungsfreien Betrieb erforderlich, daß Sie diese Sicherheitsreserve haben. Die zentrale Aussage ist doch, daß der Katalysator in seiner Wirksamkeit insgesamt erhalten bleibt. Wir haben in einem Großteil des Fahrbereichs einen Schadstoff– Ausstoß, der weit unter den Bestimmungen liegt, und dann ist es doch mehr als gerechtfertigt, wenn in dem Einzelbereich der Vollast als Ausgleich etwas mehr emittiert wird. Wieviel mehr wird denn nach ihren Messungen emittiert? Wenn man von einer generellen Schadstoff–Reduktion von 90 Prozent ausgeht, dann haben wir bei Vollast für Kohlenmonoxid 32 Prozent und für Kohlenwasserstoff 70 Prozent. Bei den Stickoxiden haben wir 98 Prozent. Das haben wir bei rotglühendem Motor gemessen. Ich halte es aber für unzulässig, nur diesen Bereich isoliert zu betrachten. Und selbst wenn man es tut, dann haben Sie zumindest für die Stickoxide, die Hauptursache der Umeltverschmutzung durch Autoabgase, noch einen ausgezeichneten Wert. Interview: Manfred Kriener