: „Gewagte Konstruktion gegen PKK“
■ Nimmt Rebmann jetzt sämtliche Kontakte der kurdischen Arbeiterpartei ins Visier? / Mitglieder und Sympathisanten protestierten mit Besetzungen gegen Razzien / BKA lastet PKK zwei unklare Todesfälle an
Von Peter Bartels
Köln (taz) - Mit zahlreichen Protestaktionen und Besetzungen haben Mitglieder und Sympathisanten der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) auf die gestrige Großrazzia der Bundesanwaltschaft gegen Niederlassungen ihrer Vereine reagiert. Rund 50 Männer, Frauen und Kinder besetzten kurzfristig die Eingangshallen des niedersächsischen Landtages in Hannover und des hessischen Rundfunks in Frankfurt sowie die Evangelische Studentengemeinde in Bochum. Protestaktionen fanden auch statt in den Pariser und Kopenhagener Büros der Lufthansa. Das Büro von amnesty international in Amsterdam war bei Redaktionsschluß noch besetzt. Unterdessen wurde bekannt, daß schwerbewaffnete Polizeikräfte gestern und vorgestern insgesamt 42 Vereinsräume und Privatwohnungen in elf bundesdeutschen Städten durchsucht haben. Nach Informationen der Bundesanwaltschaft soll es im Rahmen dieser Großrazzia zu keinen Verhaftungen gekommen sein. Das eingeleitete Verfahren nach §129a (“Terroristische Vereinigung“) richtet sich gegen Unbekannt. Rebmanns Fahnder behaupten, daß sich eine terroristische Vereinigung in den PKK–Arbeiter– und Kulturvereinen (FEYKA) eingenistet hätte, die es auf abtrünnige Mitglieder und politische Gegner abgesehen hätte. Ein Anwalt der Betroffenen hält diesen Vorwurf für eine gewagte Rechtskonstruktion, denn damit könnten praktisch alle Mitglieder, Anhänger und Besucher der PKK– Vereine wohlweise als Zeugen oder Beschuldigte ins Visier der Justiz geraten. Zu den fünf Mordanschlägen in der Bundesrepublik, die als soge nannte Katalogstrafttaten die Grundlage des Terrorismusverdachtes gegen die PKK bilden, und über die Polizei bei den Durchsuchungen belastendes Material zu finden hoffte, zählt die Karlsruher Anklagebehörde die Attentate auf Ramazan Adigüzel in Hannover und Kürsat Tumuroglu in Hamburg, beide politische Gegner der PKK, und auf den PKK–Dissidenten Zülfü Gök in Rüsselsheim. Außerdem vermerkt die Liste der Ermittlungsbehörde die zwei ungeklärten Todesfälle Bairakli (Berlin 1985) und Demir (Hamburg 1986) auf dem Konto der PKK. Diese beiden Fälle waren bisher nicht in einen Zusammenhang mit der PKK gestellt worden.
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