Hamburger Poker mit dem „kleinen Wahlrecht“

■ Weil die Bezirksversammlungen so wenig Kompetenzen haben, dürfen Ausländer sie ab 1991 wählen / Kritik an den Vereinbarungen im Rahmen der Koalitionsgespräche kommt von links und rechts / Konkrete Ausgestaltung des Wahlrechts ist noch völlig unklar

Aus Hamburg Reiner Scholz

Die konkrete Ausgestaltung des kommunalen Wahlrechts für Ausländer, auf das sich SPD und FDP einigten, ist noch völlig unklar und dürfte Sprengstoff bergen. Immerhin sollen ab 1991 „alle Ausländer“ die Hamburger Bezirksversammlungen wählen dürfen. „Zahlreiche Juristen sind der Meinung, daß eine Differenzierung nach Nationalitäten juristisch gar nicht haltbar wäre“, begründete FDP–Unterhändler Rahlfs gegenüber der taz diese weite Auslegung. Damit wären auch die 52.000 türkischen und 20.000 jugoslawischen EinwohnerInnen sowie andere Nicht–EG–Immigranten eingeschlossen. Wie lange sie bereits in der BRD gewohnt haben müssen, ob fünf, acht oder zehn Jahre, steht noch nicht fest. Bisher sei man, so Rahlfs, in den Koalitionsverhandlungen im mer nur vom aktiven Wahlrecht ausgegangen. Ob Ausländer kandidieren dürfen, gar auf eigenen Listen, ist noch nicht ausgemacht. Rahlfs: „Bezirksabgeordnete sind ja Teil der Verwaltung und damit Hoheitsträger, und das können eigentlich nur Deutsche sein.“ Kritiker wenden ohnehin ein, daß die Rechte der Bezirksversammlungen äußerst beschränkt sind. „Uns fehlen wesentliche kommunale Kompetenzen“, kriti siert Rolf Geffken, GAL–Bezirksabgeordneter in Eimsbüttel. „Wir haben keinen eigenen Haushalt und außer der von uns durchgesetzten Wahl des Bezirksamtsleiters keinerlei Autonomie.“ In der Vergangenheit kam es häufig vor, daß Hamburgs Bürgermeister über sein Recht der Fachaufsicht Beschlüsse von Bezirksversammlungen einfach kassiert hat. Somit wächst sich das Ganze zu einem diffizilen verwaltungsrechtlichen Poker aus, bei dem der Senat bestrebt sein könnte, die Wünsche der Bezirke nach mehr Autonomie durch die Gewährung des Ausländerwahlrechts zu konterkarieren. Motto: Ausländer dürfen eigentlich nur wählen, weil die Bezirke keine eigentlichen Parlamente haben. Wenn sie aufgewertet würden, dürften wieder nur Deutsche wählen. Die CDU hat bereits den Gang zum Bundesverfassungsgericht angekündigt.