: Post–Bilanz: Gewinne und steigende Schulden
■ Schwarz–Schilling legt Geschäftsbericht vor / Rekordinvestitionen im Fernmeldebereich / Gesamtschulden auf über 62 Milliarden Mark gestiegen
Bonn (ap/dpa) - Die Bundespost hat 1986 bei einem Gesamtumsatz von fast 50 Milliarden Mark auch nach Abführung von 4,8 Milliarden Mark an den Bund wieder einen Gewinn von 3,3 Milliarden Mark erwirtschaftet. Der Überschuß blieb nur 300 Millionen Mark unter dem des Vorjahres und wurde als Teil der Eigenmittel neben Abschreibungen und 4,7 Milliarden Mark neuer Schulden in voller Höhe zur Finanzierung der auf 17 Milliarden Mark gestiegenen Investitionen verwandt. Sie flossen wieder überwiegend in den Fernmeldesektor. Bei der Vorstellung des Geschäftsberichts 1986 der Post versicherte Postminister Christian Schwarz–Schilling am Mittwoch vor der Presse, daß die Post trotz nachlassender Ertragskraft und des erneut gestiegenen Schuldenvolumens finanziell auf stabilem Fundament stehe. Sie verbessere ständig die kundenorientierten Dienstleistungen und biete insgesamt 550.000 Mitarbeitern sichere Arbeitsplätze. Von Gebüh rensenkungen wollte der Postminister jedoch nichts wissen. Dem ständen die hohen Investitionen im Fernmeldebereich und die Notwendigkeit wachsender Fremdfinanzierung entgegen. Die Post verzeichnete 1986 einen Leistungszuwachs von 4,6 Prozent. Die Fernmeldedienste nahmen um 5,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr zu. Dabei führten die Bundesbürger 29 Milliarden Telefongespräche. Die Zahl der Hauptanschlüsse stieg um 3,1 Prozent auf 26,7 Millionen, die der an das Kabelfernsehen angeschlossenen Wohnungen um 50,6 Prozent auf 2,3 Millionen. Das Werbe–Motto „schreib mal wieder“ wurde ebenfalls kräftig befolgt. Am Umsatzerlös sind die Fernmeldedienste mit 69,4 Prozent beteiligt (plus 0,6 Prozent), der Anteil der Postdienste fiel weiter um 0,5 Prozent auf 26,9 Prozent zurück. Von den Gesamtaufwendungen von 49,3 Milliarden Mark entfielen mit 24,8 Milliarden Mark mehr als die Hälfte auf die Personalkosten. Die Abschreibungen machten 8,9 Milliarden Mark aus; an den Bund wurden 4,8 Milliarden Mark abgeliefert. Wie aus dem Bericht hervorgeht, stiegen die Investitionen um 0,5 Milliarden auf die Rekordsumme von 17 Milliarden Mark, die zu 90 Prozent in die Fernmeldedienste flossen. Sie gehen großenteils in die Glasfasertechnik, die Digitalisierung und die Satellitentechnik sowie in die Erweiterung des Dienstleistungsprogramms. Die Zahl der Fernseh–verkabelten Haushalte ist 1986 um rund 770.000 auf 2,3 Millionen gestiegen. Etwa 6,75 Millionen Haushalte waren an die Netze anschließbar. Nach dem Geschäftsbericht ist das Fernseh–Kabelnetz bereits zum zweitgrößten Dienst im Fernmeldedienst geworden. Von den 2,3 Millionen angeschlossenen Haushalten wurden 1,9 Millionen bereits mit Satellitenprogrammen versorgt. Mit der Gründung von Kabel–Servicegesellschaften will die Post in diesem Bereich privatwirtschaftliche Initiativen fördern. Für den 1. Januar 1988 kündigt die Post gleichzeitig eine neue Telekommunikationsordnung an. Es handelt sich um ein Konzept zur Neuordnung der bestehenden Fernmeldebenutzungsverordnungen und löst vier bestehende Rechtsverordnungen ab. Vor allem sollen die bestehenden Regelungen in einer für den Kunden verständlichen Form zusammengefaßt werden. Die künftige Entwicklung der Post ist dem Bericht zufolge durch außerordentlich hohe Investitionen für die technische Modernisierung der Anlagen und die Anwendung neuer Technologien, auf der anderen Seite durch das Nachlassen der Ertragskraft und steigende Verschuldung vorgezeichnet. Es wird damit gerechnet, daß die Gesamtschulden von derzeit 62,3 Mrd. Mark im nächsten Jahr auf 70 Milliarden ansteigen werden.
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