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Streikbruch bei VW–Kassel gestoppt

■ Betriebsrat zieht Sonderschicht zurück / Vorwurf, den Streik der mexikanischen VW–Arbeiter zu brechen, „aus der Welt schaffen“ / Gesamtbetriebsrat Wolfsburg macht Konzern Druck / Erste Konzessionen der Werksleitung in Puebla

Von Martin Kempe

Mexiko/Berlin (taz) - Nach fast sieben Wochen Streik ist Bewegung in den Arbeitskampf der mexikanischen VW–Arbeiter in Puebla gekommen. Das VW–Management sah sich gezwungen, ein erstes Angebot über Lohnerhöhungen und Rücknahme von Entlassungsankündigungen zu machen. Auch in deutschen VW– Werken hat der Streik der mexikanischen Arbeiter zu Aktionen geführt. In Wolfsburg intervenierte der VW–Gesamtbetriebsrat beim Konzern–Vorstand zugunsten der Kollegen in Puebla. In Salzgitter legten rund 600 Arbeiter für 90 Minuten die Arbeit nieder, um sich - wie ein Anrufer der taz berichtete - anhand eines Flugblattes der IG Metall über die Lage in Mexiko zu informieren. Der Betriebsrat des VW–Werks Kassel–Baunatal hat gestern die Genehmigung einer dritten Schicht bei der Hilfsrahmenfertigung zurückgezogen. Der Betriebsratsvorsitzende Karl–Heinz Miehr teilte dazu mit, die Zustimmung zu einer dritten Schicht sei Mitte Juli wegen der gestiegenen Produktion von Audi 80 erteilt worden. Da sie sich nun mit dem Streik in Mexiko überschneide, wolle man den Vorwurf, diesen Streik zu unterlaufen, aus der Welt schaf fen. Miehr betonte, daß keinerlei Ersatzproduktion für die aus Mexiko ausbleibenden Hilfsrahmen stattgefunden hätten oder stattfänden, da genügend Teile am Lager seien. Fortsetzung auf Seite 6 Bericht auf Seite 5 Hallo Kollegen! Heute auf Seite Eins, die ihr vielleicht schon optisch vor euch liegen habt, gibts wieder ein bißchen Fummelarbeit. Die Fotounterschrift zum VW–Mauerfoto (sicherlich habt ihr auch schon erkannt, daß selbiges unten abgeschrägt wird) - könnt ihr nach Gusteau hinkleben, welche Ecke euch am ehesten paßt. Eventuell müßte das Haß–Fan–Foto an den Seiten ein paar Milimeter lassen, je nachdem wie eng die Abstände zu den Artikeln sind. Wenn das alles o.k. ist, habt ihr eigentlich das Schlimmste schon hinter euch. Das am Montag unterbreitete Angebot der Werkleitung in Puebla sieht eine Lohnerhöhung von 30 Prozent vor. Die Forderung der Streikenden beträgt 100 Prozent. Zusätzlich will die Geschäftsfüh rung auf die angekündigten Entlassungen von 723 Beschäftigten verzichten und ihren Plan aufgeben, die Löhne bis Mitte nächsten Jahres einzufrieren. Nach Informationen der taz wurde die bisher harte Linie des VW–Managements in Puebla von der Wolfsburger VW–Zentrale gedeckt. Schon seit Monaten hat man in Wolfsburg (im Gegensatz zu Gesamtbetriebsrat und IG–Metall) von der bevorstehenden Auseinandersetzung gewußt und sich darauf vorbereitet. Ob das Angebot vom Montag auf eine Intervention des deutschen Gesamtbetriebsrats beim VW–Vorstand in Wolfsburg zurückgeht, war gestern nicht zu klären. Prinzipiell, so betonte ein VW–Sprecher gegenüber dpa, falle die Zuständigkeit für die Lohnregelungen in die Zuständigkeit der örtlichen Werkleitung in Puebla. Der stellvertretende Gesamtbetriebsratsvorsitzende der inländischen VW–Werke, Klaus– Peter Mander, erklärte gestern, der Gesamtbetriebsrat habe am Montag den VW–Vorstand aufgefordert, die Lohnforderungen der mexikanischen Kollegen „ernst zu nehmen“ und ein „vernünftiges“ Lohnangebot zu machen. Man habe mit dem Konzernvorstand ein „deutliches Wort ge sprochen“ und begrüße, das nun ein Sonderbeobachter der Konzernleitung nach Puebla entsandt werde. Mander erklärte gleichzeitig, der Gesamtbetriebsrat habe beschlossen, in den inländischen VW–Werken keine Mehrarbeit zu genehmigen, durch die wegen des Streiks in Mexiko ausbleibende Teilelieferungen für die inländische Produktion ausgeglichen werden sollten. „Internationale Solidarität ist für uns kein Lippenbekenntnis“, meinte er, und „deshalb werden wir hier keine Maßnahmen akzeptieren, die den Erfolg des Streiks der mexikanischen VW–Kollegen gefährden könnten.“ Für den Fall eines noch länger andauernden Arbeitskampfes in Mexiko kündigte Mander Spendensammlungen an. Siehe auch Bericht auf Seite 5

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