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D O K U M E N T A T I O N „Schwul“ steht nicht im Brockhaus

■ In der geleckten Kur–Metropole Freudenstadt wurde die örtliche Schwulengruppe nicht ins Vereinsregister aufgenommen / Amtsgericht: Begriff unbekannt und „anstößlich“

Freudenstadt (taz) - Die „Schwulengruppe Freudenstadt“ kann unter diesem Namen nicht in das Vereinsregister der Kreisstadt im Nordschwarzwald aufgenommen werden. Dies entschied das Registergericht am Amtsgericht Freudenstadt. Wir dokumentieren Auszüge der gerichtlichen Verfügung. Der Name des Vereins ist nicht zulässig. Der Ausdruck „schwul“ findet bislang nur in bestimmten Bevölkerungskreisen Verwendung und ist nicht allgemeiner Bestandteil des Wortschatzes der Bevölkerung. Im führenden Brockhauslexikon ist der Begriff „schwul“ nicht als selbständiges Eigenschaftswort aufgenommen. Für die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung ist dieser Begriff negativ, abwertend und anstößlich. Gerade in einer Kleinstadt wie Freudenstadt wirkt dieser Ausdruck im Zusammenhang mit einem eingetragenen Verein auf die Öffentlichkeit eher provozierend und den Vereinsinteressen entgegen. Daß der Begriff „schwul“ selbst unter Homosexuellen nicht unumstritten ist, zeigt der Umstand, daß der Verein bislang nur die Mindestmitgliederzahl hat und der gewählte Name wohl eher für die Aufnahme weiterer Mitglieder hinderlich ist. Im übrigen muß darauf hingewiesen werden, daß das Vereinsregister kein geeignetes Instrument ist und auch nicht dazu eingerichtet worden ist, um umstrittene Begriffe aufzuwerten. (...) Im übrigen wird darauf hingewiesen, daß die Verwaltungsbehörde gemäß §61 BGB Bedenken gegen den Namen geäußert hat. Die Verwaltungsbehörde vertritt die Auffassung, daß in dem Vereinsnamen „Freudenstadt“ nicht enthalten sein sollte, da der Verein mit sieben Mitgliedern nur einen kleinen Teil der Bevölkerungsgruppe vertrete und daher der Vereinsname geeignet sei, über die Größe des Vereins Täuschung hervorzurufen. (...) Gegen eine Namensgebung mit dem Begriff „homosexuell“ bestehen keine Bedenken.

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