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Geheimprozeß gegen Vanunu hat begonnen

■ Der Verteidiger des israelischen Atomtechnikers bestreitet die Rechtmäßigkeit des Verfahrens / Strenge Sicherheitsmaßnahmen / Vanunu ist wegen Spionage und Landesverrates angeklagt / Er war im vergangenen Jahr nach Israel entführt worden

Jerusalem (dpa) - Der geheime Hochverratsprozeß gegen den israelischen Atomtechniker Mordechai Vanunu (33) hat gestern in Jerusalem unter strengen Sicherheitsmaßnahmen begonnen. Vanunus Verteidiger Avigdor Feldmann bestritt die Rechtmäßigkeit des Verfahrens. Er forderte einen öffentlichen und fairen Prozeß für seinen Mandanten, der der britischen Zeitung Sunday Times an geblich Geheimnisse über eine nukleare Rüstung in Israel weitergegeben hatte.Gefangenenhilfsorganisation amnesty international durfte ebensoweinig wie Vanunus Bruder Asher das Bezirksgericht betreten.Zu Prozeßbeginn wurde nach Auskunft Feldmanns vor allem die Frage diskutiert, ob die Aussagen Vanunus vor Gericht überhaupt verwendet werden dürften. Der Anwalt betonte, der Angeklagte sei gesetzeswidrig nach Israel entführt worden. Deshalb seien seine Aussagen nicht prozeßrelevant. Als Zeugen wurden der Polizeidirektor Schimon Savir sowie zwei Mitarbeiter des israelischen Geheimdienstes Shin Beth vernommen. nichts bekannt. Der Angeklagte war am Morgen in einem Polizeiauto mit geschwärzten Scheiben vorgefahren worden. Dutzende Journalisten wurden von der Polizei daran gehindert, sich dem Gerichtsgebäude zu nähern. „Die vielen Reglementierungen stempeln meinen Mandanten zum Schuldigen ab, er wird vorgeführt wie eine ganz gefährliche Person“, klagte Feldmann. Vanunu, der bis 1985 neun Jahre im Atomforschungszentrum in Dimona/Negev beschäftigt war, wird der Spionage, des Landesverrates und der „Unterstützung des Feindes“ beschuldigt. 1986 hatte die Sunday Times auf Grundlage von Vanunus Informationen über die Nuklearforschung Israels berichtet. Israel sei längst die sechste Atommacht der Welt und verfüge über 100 atomare Sprengköpfe. Zudem sei Israel in der Lage, Wasserstoff– und Neutronenbomben zu produzieren. rael hatte dargiert.Vanunu war vermutlich am 5. Oktober 1986 von israelischen Agenten aus Rom nach Israel entführt worden. Er muß bei einem Schuldspruch mit einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe rechnen.

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