Tod nach Polizeiprügeln in der Türkei

■ Schwester eines politischen Gefangenen erleidet Herzschlag nach Polizeiaktion / Solidaritätsveranstaltungen mit hungerstreikenden politischen Gefangenen in Ankara brutal zerschlagen / Noch 1.000 im Hungerstreik

Von Antje Bauer

Berlin (taz) - Das Engagement für ihren inhaftierten Bruder hat die 52jährige Dider Sensoy am Dienstag mit dem Leben bezahlt. Sie gehörte einer Gruppe von Angehörigen politischer Gefangener an, die seit Wochen durch Sitz streiks, Pressekonferenzen und Demos versucht, das Interesse der türkischen Öffentlichkeit auf die Zustände in den Knästen zu lenken. Dider Sensoys Bruder sitzt als politischer Gefangener im Metris– Gefängnis in Istanbul ein. Nach einem Sitzstreik vor der Blauen Mo schee in Istanbul waren mehrere hundert Angehörige der Gefangenen am 30. August zu einer Informationsrundreise aufgebrochen, an deren Ende eine Protestaktion vor dem Parlamentsgebäude in Ankara stehen sollte. Als dort am Montag etwa 100 Personen gegen die Haftbedingungen für politische Gefangene protestierten, setzte die Polizei Schlagstöcke ein. Nach Auskunft des Menschenrechtsvereins in Ankara wurden DemonstrantInnen und anwesende Journalisten brutal zusammengeschlagen, Fotografen wurden Filme entrissen und Kameras zerstört. 48 DemonstrantInnen wurden festgenommen und nach sieben Stunden wieder freigelassen. Während der Polizeiprügeleien erlitt Dider Sensoy einen Herzinfarkt und starb kurz darauf im Krankenhaus. Die Hungerstreikwelle der politischen Gefangenen, die am 9. Juli in Istanbul begonnen hat, setzt sich unterdessen fort. Während der Hungerstreik in verschiedenen Gefängnissen abgebrochen wurde, haben andere Gefangene vor kurzem damit begonnen. Es sollen sich noch etwa 1.000 Gefangene im Hungerstreik befinden. Justizminister Sungurlu geht weiterhin nicht auf die Forderung der Gefangenen ein, zivile Kleidung zuzulassen. Bezüglich der weiteren Forderungen nach verbesserter ärztlicher Betreuung, längeren Besuchszeiten und besserer Ernährung scheint es in einigen Haftanstalten Anzeichen für ein Entgegenkommen seitens der Verwaltung zu geben.