Duve: Raketenlieferungen an Chile?

■ SPD–Abgeordneter Freimut Duve über Reise nach Chile / Details über Geheimverhandlungen zwischen Pinochet und Strauß angekündigt / FDP–MdB Irmer für Wirtschaftssanktionen gegen Pinochet–Regime

Von Charlotte Wiedemann

Bonn (taz) - Bei den von Franz Josef Strauß vermittelten Geheimverhandlungen zwischen Pinochet und der Firma MBB über Waffenlieferungen soll es 1982 um Raketen gegangen sein. Mit dieser Information wartete gestern der SPD–Bundestagsabgeordnete Freimut Duve auf, der gerade von einer internationalen Parlamentarierkonferenz aus Chile zurückgekehrt war. Die taz hatte im August den Brief eines chilenischen Gemeimdienstlers veröffentlicht, nach dem ein Strauß–Vertrauter Pinochet ein Angebot über MBB–Lieferungen überbracht hatte. Das darin genannte „Projekt Kormoran“ sei, so Duve, bisher als Bezeichnung eines Waffenkaufplans interpretiert worden. Jedoch habe er jetzt Hinweise erhalten, daß es sich um Raketen handele, die dem Typ der französischen „Exocet“ ähnlich seien. In der Tat gibt es „Kormoran“–Raketen, die in Kooperation mit zwei französischen Firmen überwiegend von MBB gebaut werden. Es sind Anti–Schiff–Raketen, die von Flugzeugen, abgeschossen werden und eine Reich weite von 37 Kilometern haben. Aus Chile werden weitere Informationen zu dieser brisanten Vermutung erwartet. Einstimmig hat sich die Parlamentarierkonferenz in Santiago mit Abgeordneten verschiedenster politischer Couleur aus 26 Ländern dafür ausgesprochen, von ihren jeweiligen Regierungen die Aufnahme der 15 chilenischen Todeskandidaten zu fordern. Die westdeutschen Teilnehmer Dr. Müller (CSU) und Hannelore Röntsch (CDU) waren zu diesem Zeitpunkt allerdings schon abgereist. Müller zur taz: „Da hätte ich auch nicht zugestimmt.“ Nach Darstellung von Freimut Duve sei eine Freilassung der Lehrerin Beatriz Brinkmann nach seinen Informationen nicht in Sicht, nachdem der Militärstaatsanwalt eine Strafe von drei Jahren und einem Tag gefordert hat. Der FDP–Abgeordnete Irmer sprach sich nach seiner Teilnahme an der Konferenz in Chile gestern für europäische Wirtschaftssanktionen gegen Chile aus. Er sei sonst gegen Sanktionen, aber das chilenische Regime sei unempfindlich gegenüber moralischen Appellen. Irmer: „Es wäre möglich, Kredite der Weltbank zu sperren, wenn die Menschenrechte und der Zeitplan für freie Wahlen nicht eingehalten werden.“ Auch Duve ist für Sanktionen, ohne sich aber auf konkrete Maßnahmen festlegen zu wollen. Berlin (taz) - Der Abgeordnete der Grünen, Ludger Volmer, hatte sich bereits am Vortag in Chile für Wirtschaftssanktionen ausgesprochen, um „das Regime in die Knie zu zwingen“, so Volmer zur taz.“ Unverzichtbar sei ebenfalls die Einstellung von Waffenlieferungen und Ausrüstung seitens europäischer Länder an die chilenische Polizei, den Geheimdienst CNI und die Armee. Volmer kündigte an, daß die Grünen diesbezüglich eine Initiative in den Bundestag einbringen werden, und unterstrich, daß er aus „Flurgesprächen“ während der Parlamentarierversammlung in Chile den Eindruck gewonnen hätte, daß auch andere Parteien dafür aufgeschlossen seien.