Chile gedenkt des Putsches und Salvador Allendes

■ Zwei Polizisten erschossen / Demo am Grab Allendes aufgelöst / Pinochet bekräftigt Ablehnung freier Wahlen / Christdemokratische Partei will sich von der Diktatur legalisieren lassen

Santiago (afp/taz) - Am 14. Jahrestag des Militärputsches in Chile sind am Freitag in Santiago zwei Polizisten bei einem Attentat ums Leben gekommen. Nach Angaben der Behörden hatten Unbekannte im Süden der Hauptstadt von einem fahrenden Wagen aus eine Panzerfaust auf ein Polizeiauto abgefeuert, das auf dem Weg zu einem Einsatz gegen Demonstranten war. Dabei wurde einer der beiden Insassen sofort getötet, der andere starb auf dem Weg ins Krankenhaus. Seit Geheimdienstbeamte vor drei Monaten zwölf angebliche Guerilleros erschossen, sind damit sechs Polizisten bei Attentaten ums Leben gekommen. Wenige Stunden zuvor starb in Santiago ein junger Mann beim Versuch eines Bombenanschlags auf Eisenbahnanlagen, als der Sprengstoff vorzeitig explodierte. Auf dem Friedhof des chilenischen Badeortes Vina del Mar hat die Polizei etwa 500 Teilnehmer einer Kundgebung am Grab des am 11. September 1973 gestürzten Präsidenten Salvador Allende mit Tränengas auseinandergetrieben und etwa 20 Demonstranten festgenommen. Allende war am Tag des Putsches im Regierungspalast getötet worden. An seiner Beerdigung durfte nur seine Witwe teilnehmen. Auf Weisung der Behörden ist auf seinem Grabstein kein Name verzeichnet. Auch der Diktator selbst gedachte seines Putsches vor 14 Jahren. In einer zweieinhalbstündigen Ansprache wies er vor 3.000 Mitarbeitern der Regierung und des Militärs Forderungen der Opposition nach freien Wahlen zurück. Seine Regierung, sagte er, werde - wie von der Verfassung vorgesehen - einen einzigen Präsidentschaftskandidaten in einem Plebiszit zur Annahme oder Ablehnung vorschlagen. Der Kandidat werde von ihm und den andern Militärbefehlshabern ausgesucht und bis 1997 im Amt bleiben. Pinochet wollte sich nicht darüber auslassen, ob er selbst der Kandidat sein werde. Bislang konnten sich die Oberbefehlshaber der Teilstreitkräfte und der Polizei, denen die Kürung des Kandidaten obliegt, noch auf keinen Nachfolger Pinochets einigen. Während sich die Chefs von Luftwaffe, Marine und Polizei mit unterschiedlicher Deutlichkeit für die Aufstellung eines zivilen Kandidaten aus dem rechten Lager ausgesprochen haben, bereitet Pinochet, der neben der Präsidentschaft auch den Oberbefehl über das Heer hat, offensichtlich seine eigene Kandidatur vor. Falls sich die Oberbefehlshaber nicht einstimmig für einen Kandidaten aussprechen, wird der Kandidat verfassungsgemäß vom Nationalen Sicherheitsrat mit einfacher Mehrheit bestimmt. Diesem gehören Pinochet, die vier Junta– Mitglieder und die Präsidenten des Staatsrats und des Obersten Gerichts an. Statt eines Plebiszits über einen von der Diktatur vorgesetzten Kandidaten verlangt die Opposition freie Präsidentschaftswahlen. Im Hinblick darauf kündigte Patricio Aylwin, Chef der Christdemokratischen Partei, bereits an, daß seine Partei sich offiziell einschreiben lassen werde, falls diese Geste vom Regime mit Dialogbereitschaft honoriert werde. Zur Registrierung muß eine Partei 35.000 Unterschriften von Parteimitgliedern vorlegen. Während der dem rechten Flügel zugehörige Aylwin in diesem Schritt einen „kämpferischen Akt“ sieht, lehnen die Parteijugend und zwei Ex–Präsidenten der Partei, Radomiro Tomic und Benjamin Prado, die Registrierung im herrschenden legalen Rahmen ab. Die Verfassung verbietet die Zulassung von Parteien, die den Klassenkampf befürworten, schließt also faktisch die Legalisierung der Kommunistischen Partei und der Sozialistischen Partei von Almeyda aus. Wenn sich die Christdemokratische Partei registrieren lasse, so die Vertreter des linken Flügels, spiele sie damit nur Pinochet in die Hände, der die Opposition in einen legalen und einen illegalen Teil spalten wolle. thos