Streit um Kernenergie in der NRW–SPD

■ Jochimsen: THTR–Betrieb derzeit juristisch nicht zu stoppen / Jusos: Es „darf keine Betriebsgenehmigung geben“ / Wirbel um Farthmann–Äußerungen / Debatten–Verhinderungsstrategie der Parteiführung geplatzt

Aus Hamm Walter Jakobs

In der nordrhein–westfälischen SPD ging am Wochenende der Streit um den zukünftigen Energiekurs, insbesondere um den THTR in Hamm, unverändert weiter. Während SPD–Wirtschaftsminister Reimut Jochimsen auf dem ernergiepolitischen Kongreß der Jusos davon sprach, es könne „zur Zeit keine Rede davon sein“, daß die Vorraussetzungen, dem THTR die Betriebsgenehmigung zu verweigern, gegeben seien, forderte der Juso–Landesvorstand, dem THTR dürfe „keine Betriebsgenehmigung erteilt werden“. Wie berichtet, war die Diskussion um den THTR in der vergangenen Woche erneut vom Vorsitzenden der SPD–Landtagsfrak tion, Friedhelm Farthmann, angeheizt worden. Kaum daß der Landesvorstand einen Energieleitantrag für den Parteitag im Oktober einstimmig verabschiedet hatte, ging Farthmann in mehreren Interviews daran, die THTR–Gegner im Landesvorstand als die eigentlichen Verlierer im parteiinternen Ausstiegsclinch darzustellen. Farthmann konstatierte eine „klare Abweichung“ vom Antrag des Bezirksvorstandes „Westliches Westfalen“ und führte dessen „Meinungsumschwung“ in „erster Linie“ auf Angst vor der IGBE zurück. Im Antrag des Bezirksvorstandes war die Landesregierung aufgefordert worden, „alle Möglichkeiten“ zu nutzen, dem THTR die endgültige Betriebsgenehmigung zu verweigern. Dem weicher formulierten Leitantrag im Landesvorstand hatten die Bezirksvertreter dann doch zugestimmt, weil sie ihr Ziel, die endgültige Genehmigung zu verhindern, auch damit durchsetzen zu können glaubten. Jetzt fühlen sie sich ausgetrickst. Farthmanns Aussage, so Landesvorstandsmitglied Wolfgang Hahn–Cremer, „wird nun als augenzwinkernde Zusage für den THTR gewertet“. Deshalb müsse nun auf dem Parteitag eine „Klarstellung“ erfolgen. Gerhard Benner, stellvertr. Landesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AFA) verlangte am Samstag von Farthmann, seine Äußerungen in der Süddeutschen Zeitung zurückzunehmen. Andernfalls, so Benner, müsse der Bezirksantrag auf dem Parteitag wieder eingebracht werden. Eins scheint nun sicher: Die Strategie der Parteiführung, durch einen flügelübergreifenden Antrag die unterschiedlichen Positionen zur Kernenergie quasi vorab zu befrieden, um der befürchteten Parteitagsdebatte zu entgehen, ist geplatzt. Die Diskussion auf dem Juso– Kongreß verlief am Samstag in den gewohnten Bahnen. Während Vertreter des Öko–Instituts, der Grünen, der Jusos und der Kläger gegen den THTR glauben, das geltende Recht reiche als Basis für den Entzug der Betriebsgenehmigung aus, sagte Wirtschaftsminister Jochimsen, dies könne nur geschehen, wenn „neue, schwerwiegende und nicht ausräumbare Sicherheitsbedenken offenkundig werden“.