: Wider illegale AIDS–Untersuchungen
■ Im hessischen Flüchtlingslager Schwalbach sollen Schwarzafrikaner ohne deren Wissen und Einwilligung auf AIDS untersucht worden sein / Grüne: Bayerisches Ausgrenzungsmodell in Hessen
Von Klaus–Peter Klingelschmitt
Frankfurt (taz) Nach Informationen der Grünen im hessischen Landtag werden in der hessischen Gemeinschaftsunterkunft für ausländische Flüchtlinge in Schwalbach „geheime AIDS–Tests“ an Asylbewerbern durchgeführt, die aus Ländern südlich der Sahara stammen. Wie die sozialpolitische Sprecherin der Fraktion, Iris Blaul, gestern in Wiesbaden mitteilte, würde betroffenen Schwarzafrikanern „ohne deren Wissen und Einwilligung“ im Rahmen der gewöhnlichen Eingangsuntersuchungen mehr Blut als notwendig abgezapft und dann auf HIV–Antikörper getestet. Blaul nannte die Vorgänge in Schwalbach einen „gesundheits– und sozialpolitischen Skandal, der dienstrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen müsse. Blaul: „Es sieht so aus, als ob das erzreaktionäre bayerische Ausgrenzungsmodell jetzt auch in Hessen fröhliche Urstände feiert.“ Die Grünen verwiesen auf einen Erlaß des hessischen Sozialministers aus der rot–grünen Ägide, in dem ausdrücklich festgehalten worden sei, daß Ausländer und Asylbewerber nur dann auf HIV–Antikörper untersucht werden dürften, wenn ein positiver Hepatitis– und/oder Lues–Befund vorliege. Mit der Einführung einer generellen Untersuchung an Menschen aus Schwarzafrika habe die Leitung der Schwalbacher Gemeinschaftsunterkünfte rechtswidrig gehandelt und sich so des strafrechtlichen Delikts der Körperverletzung schuldig gemacht. Blaul fordert den hessischen Sozialminister Trageser (CDU) auf, alle Gesundheits– und Untersuchungsbehörden umgehend anzuweisen, solche „Geheimoperationen“ zu unterlassen. Darüberhinaus müßten die Betroffenen unbedingt informiert und im Falle eines positiven AIDS–Befundes sozialpsychologisch betreut werden. Wie der Leiter des Schwalbacher Flüchtlingslagers, Möser, auf Nachfrage mitteilte, sei das Kreisgesundheitsamt in Hofheim für die Untersuchung der Asylbewerber „nach dem Bundesseuchengesetz“ zuständig. Ob im Rahmen dieser Untersuchungen auch AIDS–Tests vorgenommen worden seien, könne er weder bestätigen noch dementieren, denn der Lagerverwaltung würden die Untersuchungsergebnisse nicht zur Einsicht vorgelegt. Aus dem hessischen Sozialministerium war zu hören, daß - entsprechend dem Erlaß - nur Asylberwerber/innen mit Verdacht auf Hepatitis und Lues–Erkrankungen auch auf AIDS hin untersucht worden seien. Allerdings könne es angesichts der „Sprachprobleme“ nicht ausgeschlossen werden, daß die Betroffenen von der Durchführung des HIV–Tests nichts gewußt hätten. Der Pressesprecher des Ministers, Berlinghoff, legte Wert auf die Feststellung, daß sein Dienstherr zur Zeit prüfen lasse, ob der HIV–Test bei Hepatitiskranken nicht generell abgeschafft werden könne, da eine Hepatitis–Erkrankung keineswegs ein „sachdienlicher Hinweis“ auf eine AIDS– Erkrankung sei.
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