: Palme–Mord: Hürriyet auf dem Holzweg
■ Schwedische Öffentlichkeit skeptisch bezüglich Enthüllungen der türkischen Zeitung über die PKK–Spur / Angebliche Details über Tathergang falsch / Neue Spur: Fanatische Sekten
Aus Stockholm Reinhard Wolff
Die „Enthüllungen“ der türkischen Zeitung Hürriyet über angeblich neue Beweise für eine Täterschaft der „Kurdischen Arbeiterpartei“ (PKK) beim Palme– Mord, die vor zwei Wochen veröffentlicht wurden, sind in Schweden durchweg mit großer Skepsis aufgenommen worden. Das einzig „Neue“ am Bericht der türkischen Zeitung sind die angeblichen Details über Täter, Tathergang und Waffentransport. Aber gerade diese Details sind, soweit sie überprüfbar sind, nachweislich falsch. So behauptete Hürriyet, die Tatwaffe sei über syrische Agenten in Spanien besorgt und als Diplomatengepäck über die syrische Botschaft in Bonn nach Schweden geschickt worden. Dies ist bereits deshalb unmöglich, weil Syrien zum Zeitpunkt des Mords an Palme keinerlei Auslandsvertretung in Schweden - nicht einmal einen unbezahlten Honorarkonsul - hatte und von daher auch kein Diplomatengepäck nach Schweden schicken konnte. Zwischen der Palme– Regierung und Syrien gab es zu dem seinerzeit keinerlei Spannungen, eher freundschaftliche Beziehungen. Nachweislich falsch ist auch ein weiteres Detail aus der Hürriyet–Geschichte über den angeblichen Tathergang: Ein weibliches PKK–Mitglied habe in der Nähe von Olof Palme und seiner Ehefrau vor dem Mord im Kino „Grand“ gesessen. Die schwedische Polizei hat alle damaligen Kinobesucher ausfindig gemacht und identifiziert. Die von der türkischen Zeitung näher beschriebene Frau befand sich nicht darunter. Wie von Journalisten zu erfahren ist, denen gute Verbindungen zur jetzigen Fahndungsleitung nachgesagt werden, halten die schwedischen Sicherheitsbehörden derzeit eine andere Spur für erfolgversprechend. Gleich nach dem Mord gab es Hinweise, die auf Täter aus dem Umkreis fanatischer religiöser Sekten hindeuteten. Inzwischen sei es gelungen, einige Agenten in Sekten einzuschleusen, die Palme schon zu Lebzeiten als „Satan“ bezeichnet hatten, den es „auszurotten“ gelte: er sei antireligiös und wolle den Kommunismus einführen. Die neuen Ermittlungen der Polizei sollen ergeben haben, daß erstaunlich viele Personen, auf die man eher zufällig im Zuge der Tatrekonstruktion gestoßen sei, Kontakte zu solchen Sekten haben. Namen werden in diesem Zusammenhang nicht genannt. Das sozialdemokratische Aftonbladet veröffentlichte ein Interview mit einem abgesprungenen Mitglied der Scientology–Church, der behauptet, in der schwedischen Sektion habe es kein größeres Haßobjekt als Olof Palme gegeben.
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