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Nach Barschel - Alles offen in Kiel

■ Gestern ist der CDU–Ministerpräsident von Schleswig–Holstein, Uwe Barschel, endlich zurückgetreten

Selbstverständlich seien Pfeiffers Untaten ohne sein Mitwirken oder Mitwissen geschehen. Dennoch wolle er nun die politische Verantwortung übernehmen und zurücktreten. Letzten Anstoß hat, wie Barschel gestern vor der Presse in Kiel erklärte, die kamerascheue FDP gegeben, die sich nicht mehr öffentlich mit ihrem Koalitionspartner sehen lassen wollte. Solche „Vorverurteilung“ hat ihm schließlich den Rest gegeben. Jetzt geht vor und hinter den Kulissen in den Parteien Schlewig–Holsteins das Gerangel m die politische Zukunft des Landes los.

Nach dem dramatischen Rücktritt des schleswig–holsteinischen Ministerpräsidenten Uwe Barschel wird jetzt im Land zwischen Nord– und Ostsee mit Neuwahlen gerechnet. Dies wäre eine Lösung der Krise, die im Grunde nur die SPD begrüßt. Die noch regierende CDU muß nach den riesigen Verlusten vom 13.September befürchten, noch mehr Stimmen zu verlieren, denn die Affäre Barschel ist zur längst CDU–Affäre geworden. Lediglich der im Norden nach wie vor populäre Gerhart Stoltenberg könnte die Christenunion aus ihrem Stimmentief reißen. Ähnlich und doch anders gelagert liegt der Fall bei der FDP. Mit nur 5,2 Prozent der Stimmen knapp ins Parlament gekommen, fürchten die Nord–Liberalen bei einer Neuwahl, die sich hauptsächlich zwischen Rot und Schwarz abspielen wird, unter die Fünf–Prozent–Marke zu rutschen. Hinzu kommt, daß die Freidemokraten durch ihren Eiertanz (“Koalition mit der CDU ja, mit einem Ministerpräsidenten Barschel nein“) nicht gerade für ein klares Profil gesorgt haben. Bei den Grünen ist die Stimmung noch mieser. Mit 3,9 Prozent der Stimmen wurde das Wahlziel deutlich nicht erreicht. Noch hat die Partei sich von diesem Schlag nicht erholt, da drohen bereits neue Richtungskämpfe. In zwischen wird bereits recht heftig hinter den Kulissen gestritten. Ein Teil der Partei will zu Neuwahlen gar nicht erst antreten und statt dessen eine außerparlamentarische Sammlungsbewegung angehen. Die Fundamentalisten überlegen sich dagegen, einen ihrer „Prominenten“ bei den Bundesgrünen mit auf die Landesliste zu setzen. Im Gespräch ist bereits Bundesvorstandsmitglied und „Oberfundi“ Reiner Trampert. Die „Realpolitiker“ überlegen sich ebenfalls, einen der ihren in die letzte Entscheidungsschlacht zu schicken. Entscheidend wird die Haltung der dänischen Minderheit sein, des SSW. Dessen einziges Parlamentsmitglied Karl Otto Meyer hat wiederholt erklärt, er würde einen neuen CDU–Ministerpräsidenten nicht mitwählen. Der im Gegensatz zum „linken“ Meyer eher rechte Landesvorsitzende Wehlitz hat dagegen erklärt, daß er sich auch einen neuen konservativ–liberalen Ministerpräsidenten vorstellen könnte. So bleibt die SPD die einzige Partei, die sich von Neuwahlen den endgültigen Durchbruch erhofft. Schon am Wahlabend kündigte Engholm mit aller Vorsicht Neuwahlen an. Zudem hofft die SPD mit einiger Begründung auch, von den 3,9 Prozent der Grünen noch einmal ordentlich abziehen zu können. Ihr Traumkandidat wäre in der Tat Reiner Trampert, um die Grünen a la Hamburg ordentlich vorführen zu können. Die Verfassung des Landes Schleswig–Holstein vom 13.Dezemer 1949 gibt dem Regierungschef erhebliche Machtbefugnisse. Tritt der nun zurück, müssen auch die Minister zurücktreten. Die gesamte Landesregierung bleibt je doch weiter geschäftsführend im Amt. Der neue Ministerpräsident muß dann aber gewählt werden. Und da sieht es bei der Weigerung Karl Otto Meyers schlecht aus. 33 CDU–Abgeordnete und vier FDP– Abgeordnete stehen 36 SPD–Abgeordneten und Karl Otto Meyer gegenüber. Eine zur Zeit noch undenkbare Variante wäre eine sozialliberale Koalition nach Hamburger Muster. Darauf drängen sowohl SPD als auch Karl Otto Meyer, der nicht müde wird, die FDP an ihre sozialliberale Vergangenheit gerade in Schleswig–Holstein zu erinnern. Wie lange die FDP nun vor dem Odium der erneuten „Umfallerpartei“ angesichts einer parlamentarischen Nichtexistenz bei Neuwahlen noch zurückschreckt, bleibt abzuwarten. So sehr die SPD auch nicht müde wird, die Liberalen zu sich herüberzuziehen, so deutlich ist aber auch, daß das bei ihr beträchtliche innerparteiliche Schwierigkeiten auslösen würde. Tom Janssen

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