US–Interesse an deutsch– französischer Rüstungskooperation

Washington (dpa) -Die Versuche der Westeuropäer, ihre verteidigungspolitische Zukunft angesichts der nuklearen Abrüstung der Supermächte neu zu bestimmen, werden in den USA mit großem Interesse verfolgt. So, wie in Europa gefragt wird, ob die Abrüstung zu einer „Abkopplung“ der Vereinigten Staaten führt, fragen sich umgekehrt auch US–Beobachter, ob die Europäer mit ihrer eigenen Form der Loslösung von den USA reagieren könnten. Als Oskar Lafontaine kürzlich während eines Besuchs in den USA dafür warb, den westeuropäischen Pfeiler der NATO zu stärken, und gleichzeitig für Europa die Verpflichtung einer „globalen Weltmachtpolitik“ zurückwies, wurde bei der täglichen Pressekonferenz im Außenministerium sofort nach der Gefahr der Abkopplung gefragt. Rüstungsexperten wie der frühere Außenminister Henry Kissinger, die seit langem auf die Übernahme einer größeren Verteidigungslast durch die alte Welt drängen, spenden den europäischen Bemühungen offen Beifall. Kissinger, Sicherheitsberater und Außenminister unter dem republikanischen Präsidenten Richard Nixon, befürwortet „stark“ die deutsch–französischen Pläne einer stärkeren militärischen Zusammenarbeit. Auch die US–Regierung ist zur Unterstützung bereit. Ein Sprecher des Weißen Hauses sagte auf Anfrage: „Alles, was die Allianz stärkt, ist willkommen.“ Robert E. Hunter, Ex–Mitarbeiter des Nationalen Sicherheitsrats und heute für Europa zuständiger Direktor im Washingtoner Institut für Strategische und Internationale Studien, hält „eine engere Zusammenarbeit zwischen Frankreich und Westdeutschland für genau das, was wir anstreben“. Der Sicherheitsberater des demokratischen Präsidenten Jimmy Carter, Zbigniew Brzezinski, schrieb in der Washington Post, die Europäer hätten „sich endlich verantwortungsbewußt der Frage nach einer Neuverteilung der Lasten gestellt. In der Los Angeles Times gab der Kommentator Ernest Conine der US–Regierung den Rat, die Entwicklungen in Europa nicht als Ausdruck eines Antiamerikanismus oder Trend zum Neutralismus zu verstehen, „sondern rational mit den Europäern zuammenzuarbeiten, um einen sicheren und vernünftigen Übergang vom amerikanischen nukklearen Schutzschirm zu etwas zu erreichen, was ein unverkennbares europäisches Etikett trägt.“