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„Schmidt SA“: 270 Arbeiter gefeuert

■ Bei der südafrikanischen Tochtergesellschaft der Firma „Kolbenschmidt“: Offensive Entlassungsstrategie der Betriebsleitung / Kampf um Wiedereinstellung und Gewerkschaftsrechte

Von Martin Kempe

Berlin (taz) - „Wir haben keine Konzessionen zu machen.“ Herr Seufert von der Firma Karl Schmidt in Alrode bei Johannesburg (Südafrika), blieb auch in der Verhandlung am letzten Montag unerbittlich: für 32 entlassene schwarze Metallarbeiter soll es keine Rückkehr an ihre Arbeitsplätze geben. Damit ist eine Lösung des Arbeitskonflikts in der südafrikanischen Tochterfirma des deutschen Autozulieferers Kolbenschmidt bis auf weiteres verbaut, wenn auch die Verhandlungen zwischen Geschäftsführung und Metallgewerkschaft NUMSA kommenden Montag fortgesetzt werden sollen. Die Auseinandersetzungen bei der „Karl Schmidt SA“ haben schon vor dem spektakulären Arbeitskampf bei Mercedes Benz begonnen, werden aber von seiten der Geschäftsführung nicht weniger brutal geführt. Sie haben allein deshalb nicht zu öffentlichem Aufsehen geführt, weil die Tochterfirma des Kolbenherstellers Kolbenschmidt (Stammsitz in Neckarsulm) mit 320 Beschäftigten nicht zu den Großen zählt. Angefangen hat es mit dem Streik der südafrikanischen Bergarbeiter im Mai dieses Jahres. Gewerkschafter der Metallgewerkschaft NUMSA hatten auch bei „Karl Schmidt“, wie in vielen anderen Betrieben, zu einem einstündigen Solidaritätsstreik für die Bergarbeiter aufgerufen. Die Antwort der Firma: Drei Gewerkschafter wurden deswegen entlas sen. Bei den anschließenden Anhörungen vor einem Schlichtungsausschuß konnte der Konflikt nicht beigelegt werden. Als eine Delegation der Belegschaft am 20. Juli der Geschäftsleitung übermittelte, daß im Betrieb eine Abstimmung über das weitere Verhalten der Arbeiter veranstaltet werden solle, wurde sie fristlos gefeuert. Die Belegschaft reagierte, nachdem die Geschäftsführung mit der Entlassung eines weiteren ihre Provokation auf die Spitze trieb, am 21.7. mit einer spontanen Arbeitsniederlegung. Seitdem ist der größte Teil der Arbeiter, faktisch die gesamte schwarze Belegschaft (270 von insgesamt 320 Beschäftigten) gefeuert. Seitdem läuft zwischen Geschäftsführung und Gewerkschaft eine erbitterte Auseinandersetzung um die Wiedereinstellung der Entlassenen, um das Recht auf gewerkschaftliche Betätigung im Betrieb. So knüpft die Geschäftsführung eine Wiedereinstellung an die Bedingungen, es dürften in Zukunft grundsätzlich keine „Massenversammlungen“, das heißt Versammlungen der Gewerkschaftsmitglieder, auf dem Firmengelände stattfinden. Auch den Kontakt der NUMSA zur deutschen IG Metall will man in Zukunft unterbinden - jedenfalls ließ die Geschäftsführung am 12. August eine Verhandlung mit der Begründung platzen, daß die Gewerkschaft entgegen vorheriger Verabredungen „deutsche Parteien“ von dem Konflikt unterrichtet habe. Und insgesamt 32 Arbeiter will die Firma auf keinen Fall wieder an ihren Arbeitsplatz zurücklassen, weil sie an tätlichen Auseinandersetzungen beteiligt gewesen seien. Denn aus der Sicht der südafrikanischen wie auch deutschen Geschäftsführung hört sich die Geschichte ganz anders an: Während eines für die Werksleitung unerklärbaren spontanen Streiks sei es zu Gewaltätigkeiten gekommen, in deren Verlauf ein Vorgesetzter verletzt worden sei. Aufgrund sich häufender Diebstähle habe die Polizei die Spinde und auch die Wohnplätze von Gewerkschaftsangehörigen durchsucht und bei mehreren Beschäftigten Anleitungen zum Bombenbasteln gefunden. Wie unglaubwürdig diese Behauptungen der Geschäftsführung sind, geht allein daraus hervor, daß niemand aufgrund solcher Polizeifunde verhaftet worden ist. Inzwischen hat sich IG–Metall– Chef Steinkühler mit einem Brief an Dietrich Natus, Vorstandsvorsitzender der Metallgewerkschaft AG, die 100 Prozent von Kolbenschmidt besitzt, in den Konflikt eingeschaltet und die Wiedereinstellung ausnahmslos aller Arbeiter gefordert, ebenso wie den Verzicht auf jeden Versuch, „die südafrikanischen Gewerkschaften von ihren internationalen Verbindungen abzukoppeln“. Bewirkt hat dieser im August geschriebene Brief bisher nichts. Allerdings dürfte es der Geschäftsführung auch schwerfallen, von ihrer Position abzugehen. Denn die Produktion wurde durch Neueinstellungen aufrechterhalten. Wenn die alte Belegschaft an ihre Arbeitsplätze zurückkehrt, müßte die neue ihre Positionen räumen.

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