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Mitterrand kann mit Neutronen bomben

■ Frankreichs Staatspräsident bestätigt die Möglichkeit seines Landes, jederzeit die Neutronenbombe zu bauen / Stationierung als Gefechtsfeldwaffe in der Bundesrepublik? / Verhandlungen mit Kohl von der Bundesregierung dementiert

Hannover (taz/ap) - Frankreich ist nach den Worten seines Präsidenten Francois Mitterrand „in der Lage, eine Neutronenbombe herzustellen. Wenn andere Staaten im Besitz dieser Waffe seien, deren Strahlung Menschen tötet und Gebäude weitgehend unbeschädigt läßt, werde Paris sie auch bauen, sagte Mitterrand gestern in Hannover. Zum Abschluß seines viertägigen Staatsbesuchs in der Bundesrepublik fügte er allerdings hinzu, er hoffe nicht, daß sein Land aufgrund einer veränderten Bedrohung die Bombe produzieren müsse, weil sie „wahrlich die Hölle“ sei. Dies gelte aber für jede Waffe und insofern gehe er davon aus, daß die Neutronenwaffe, wenn sie gebraucht werde, auch hergestellt werden müsse. Die Äußerungen Mitterrands erhalten besondere Brisanz, weil französische Militärpolitiker, über alle Parteigrenzen hinweg eine Stationierung der Neutronenbombe als Gefechtsfeldwaffe in der Bundesrepublik befürworten. Wie die Zeitung Le Monde in ihrer gestrigen Ausgabe meldete, hatten Mitarbeiter des Präsidenten zu erkennen gegeben, daß über dieses Thema zwischen Kohl und Mitterrand „sehr wahrscheinlich“ gesprochen worden ist. Der Bonner Regierungssprecher Schmülling dementierte am Donnerstag die Nachrichten von Le Monde: „Das Thema hat keine Rolle gespielt“, so Schmülling zur taz. Keinen Zweifel ließ Mitterrand an der Unverzichtbarkeit von Atomwaffen für die französische Abschreckungsstrategie. Auf die Frage, wie Frankreich auf einen Einmarsch sowjetischer Truppen in der Bundesrepublik reagieren würde, verwies er auf die NATO. Wenn es zu einem Einmarsch komme, werde das zum Atomkrieg führen. Auf die Frage nach der „allerletzten Warnung“ Frankreichs an einen Angreifer betonte der Präsident, es gebe nur eine einzige Warnung, dann komme es zum Atomkrieg. Fortsetzung auf Seite 3 Kommentar auf Seite 4 „Man kann eine letzte Warnung nicht in Scheiben aufschneiden, man kann sie nicht verwässern“, unterstrich Mitterrand, der sich auf der Pressekonferenz für eine „echte Null–Lösung“ aussprach. Er sei für die Abschaffung der Mittelstreckenwaffen, mit denen die Großmächte sich nicht gegenseitig bedrohen, wohl aber Europa erreichen könnten. „Wenn Frankreich dieser Bedrohung durch strategische Mittelstreckenwaffen ausgesetzt ist, kann man nur sagen: Je weniger, desto besser.“ Er glaube im übrigen an den Abrüstungswunsch der Sowjetunion. Eine wirkliche Null–Lösung könne allerdings nur erreicht werden, wenn die Großmächte ihre interkontinentalstrategischen Raketen reduzierten. Aus dem Bonner Verteidigungsministerium hieß es, am Interesse der Bundesrepublik, über die Einsatzplanung der französischen taktischen Atomwaffen informiert zu werden, habe sich durch die Mitterrand–Äußerungen nichts verändert. Mitterand hatte mit der Bemerkung Aufsehen erregt, ein als „letzte Warnung“ an die Adresse eines Angreifers gedachter Atomschlag müsse nicht notwendigerweise auf dem Boden der Bundesrepublik niedergehen. Diese Bemerkung, so hieß es im Verteidigungsministerium, habe sich nicht auf die taktischen Atomwaffen, sondern auf die strategischen Atomwaffen bezogen, die auf U–Booten stationiert sind und sowjetisches Gebiet erreichen könnten. Stellungnahmen, die diese Mitterrand–Äußerung auf die taktischen Atomwaffen Frankreichs bezogen und daraus eine Kehrtwende in der französischen Strategie ablasen, wurden im Wörner–Ministerium als „falsch“ bezeichnet. Unterdessen erklärte in Bonn der SPD–Vorsitzende Hans–Jochen Vogel, er halte die von Mitterrand während seines Staatsbesuches angekündigte verstärkte Kooperation auf dem Gebiet der Verteidigung für interessant. Das Angebot müsse allerdings noch genau geprüft werden. Dies gelte vor allem für den Bereich der Atomwaffen und die Absicht, einen deutsch–französischen Verteidigungsrat zu schaffen. Hier gebe es noch „erheblichen Denk– und Klärungsbedarf“, meinte Vogel mit Blick auf Befürchtungen, der Verteidigungsrat könne zu einer Art Neben–NATO werden.

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