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Illegale Gerichtsentscheidungen?

■ Das Bundesverwaltungsgericht in Berlin muß prüfen, ob Berufsverbote–Verfahren mit dem Vier–Mächte–Status Berlins in Einklang stehen / Verfahren gegen Postbeamten und DKP–Mitglied ausgesetzt

Aus Berlin Gitti Hentschel

Überraschend vertagte am Dienstag der Erste Disziplinarsenat des Bundesverwaltungsgerichts (BVG) in Berlin das Verfahren gegen den 38jährigen Fernmeldetechniker Axel Brück aus Gießen, der wegen seiner aktiven Mitgliedschaft in der DKP aus dem Dienst der Deutschen Bundespost entlassen werden soll. Zuvor hatte einer der drei Anwälte des Postbeamten, der renommierte Staatsrechtler Prof. Helmut Ridder, die Rechtmäßigkeit der Entscheidung des BVG als einem „auf Berliner Gebiet stationierten Bundesorgan“ in derartigen Disziplinarverfahren grundsätzlich in Frage gestellt und den Abbruch des Verfahrens beantragt. Der Staatsrechtler legte vor Gericht dar, daß eine Entscheidung des BVG in diesem, wie allen Fällen von Disziplinarverfahren gegen den Vier–Mächte–Status Westberlins verstoße. Hoheitliche Akte vom Range der Ernennung oder Entlassung von Bundesbeamten dürften in Berlin nicht erfolgen, da dies nur im Bundesge biet gestattet sei. Darüber hinaus machte Ridder deutlich, daß sich das BVG bei derartigen Disziplinarentscheidungen in einem „gesetzlosen Zustand“ und „rechtlichem Nullum“ befinde. Der Vorsitzende Richter des Disziplinarsensats kündigte eine Prüfung der Argumente Prof. Ridders an. Damit kann der Postbeamte Axel Brück noch einmal darauf hoffen, um eine Entlassung aus dem Beamtendienst herumzukommen. Seit zwölf Jahren ist der langjährige Postbeamte nun vom Berufsverbotsverfahren allein unter anderem wegen seiner Kandidatur für die DKP bedroht. Seit drei Jahren ist er auf Anordnung von Bundespostminister Schwarz–Schilling bei 70 Prozent seiner Bezüge aus dem Dienst enthoben. Ende Oktober 1985 hatte das Bundesdisziplinargericht in Frankfurt den Fernmeldetechniker vom Vorwurf, gegen seine politische Treuepflicht als Beamter verstoßen zu haben, freigesprochen. Das jetzige Verfahren vor dem BVG geht auf die Berufung gegen die Entscheidung durch den Bundesdisziplinaranwalt Claussen zurück. Würde der Erste Disziplinarsensat des BVG der völlig neuen Argumentation des Staatsrechtsprofessors folgen, würde es damit die Rechtmäßigkeit seiner bisherigen Entscheidungen in derartigen Verfahren in Frage stellen. Entsprechend wertete Professor Ridder auch allein die Bereitschaft des Disziplinargerichts, seine Argumentation „zu prüfen“, als Erfolg, mit dem er „nicht gerechnet hätte“. Für alle in– und auch ausländischen Beobachter derartiger Berufsverboteverfahren ist klar, daß das Gericht mit den juristischen Darlegungen von Prof. Ridder „auf ein völlig neues Thema gestoßen ist, das eventuell eine Brücke sein kann, die bisherige Rechtsprechung in diesem Bereich zu verändern.“

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