Zimmermann will Bunker–Zwang

■ Das 1985 gestoppte Zivilschutzgesetz soll jetzt durch die Hintertür verwirklicht werden / Innenausschuß diskutiert Billig–Schutzräume für Einfamilien–Häuser und Dienstverpflichtung bei Katastrophen

Aus Bonn Charlotte Wiedemann

Jedem neuen Eigenheim sein Bunker: Das will Innenminister Zimmermann den bundesdeutschen Häuslebauern per Gesetz vorschreiben. Der schon beerdigt geglaubte Vorstoß der CDU/CSU aus den Jahren 1984 und 1985 ist vom Innenministerium nun wieder auf die Tagesordnung gesetzt worden: Dem Innenausschuß des Bundestages liegt ein umfangreiches Papier darüber vor, wie die damals vehemente Kritik an dem Entwurf eines Zivilschutzgesetzes heute umgangen werden kann. Bunkerbau–Zwang, Dienstverpflichtung von Bürgern bei Krisen und Katastrophen sowie die staatliche Totalverfügung über das Beamten–Personal sollen nun weitgehend über die Änderung bestehender Gesetze realisiert werden. Durch das Krisen–Erlebnis nach Tschernobyl verspricht sich das Ministerium heute eine größere Akzeptanz derartiger Notstandsmaßnahmen. Nach den Vorstellungen der Bonner Krisenplaner muß jedes neue Ein–und Zweifamilienhaus einen Billig–Bunker (ohne Lüftung) haben, in Mehrfamilienhäusern soll der Schutzraum etwas aufwendiger sein. Bund, Länder und Gemeinden sollen „mit gutem Beispiel“ vorangehen und ihre Behördenbauten unterbuddeln. 800.000 staatlich subventionierte Bunkerplätze würden so pro Jahr neu geschaffen. „Eine gesetzliche Schutzbaupflicht ist sowohl für den Staat als auch für den betroffenen Bürger bezahlbar und zumutbar“, glaubt man im Ministerium. Bisher war das allerdings ein Irrtum: Schon 1965 wurde die Bunkerpflicht Gesetz, doch mangels Staatsknete gleich darauf und bis heute suspendiert.Nun soll dieses Gesetz entsperrt und nachgerüstet werden, aber die jetzt eingeplanten Kosten von 400 Mark pro Platz im Low–Budget–Bunker waren schon vor Jahren von Experten als viel zu niedrig verworfen worden: Dafür bekäme man doch kaum eine Stahltür. Bunker– Bau ist Zimmermanns Beharren auf einer Dienstverpflichtung von Männern (eventuell auch Frauen), die nicht erst im Kriegsfall, sondern schon bei friedensmäßigen Katastrophen möglich sein soll. Der Zivilschutzdienst hatte bereits bei der Diskussion des Gesetzentwurfs in der vergan genen Legislaturperiode den Protest der Katastrophenschutzverbände hervorgerufen, die ihre Reihen nicht durch Zwangsverpflichtete aufgefüllt sehen wollten. Verfassungsmäßige Bedenken macht der Koalitonspartner FDP gegen das erneute Vorhaben geltend, und Innen–Staatssekretär Neusel räumte kürzlich ein, daß noch „ein Klärungsprozeß innerhalb der Bundesregierung notwendig“ sei. Die Hilfsorganisationen werden vom Innenausschuß in der kommenden Woche zu den jüngsten Planungen angehört werden. Mit einer Änderung des Beamtenrechts will Zimmermann die Verfügbarkeit der Staatsdiener zur Krisenzeit sicherstellen: Versetzung an andere Dienststellen und Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften. Der noch in den Schubladen liegende Gesetzentwurf von 1984/85 hatte ganz offen die Verpflichtung der Beamten zur Arbeit in zivilen NATO– Dienststellen benannt. Das gesamte Notstands–Paket soll nach Änkündigungen aus dem Innenministerium noch in diesem Jahr dem Kabinett vorgelegt werden. Allerdings war das Thema Zivilschutz bisher nicht Bestandteil der Koalitionsvereinbarungen. Von der SPD–Fraktion wird das Zimmermann–Vorhaben als „Papiertiger“ abgetan, nachdem die Union schon in der letzten Legislaturperiode ihr Gesetz nicht über die Rampe brachte.