: Nicaragua lehnt Gespräche mit Contras ab
■ Solange die Aggression der USA anhalte, fehle jede Basis für direkte Verhandlungen mit der Contra / Andererseits ist kein anderes Land so stark am Erfolg des Friedensplans interessiert wie Nicaragua / 5. November: Stichtag für Realisierungsphase der Friedensinitiative
Aus Managua Ralf Leonhard
„Das Volk Nicaraguas und die Sandinistische Befreiungsfront erklären, daß es auf keinen Fall einen politischen Dialog mit der Contra–Führung geben wird, weder direkt noch indirekt.“ Mit diesen Worten räumte Revolutionskommandant Bayardo Arce Donnerstag alle Gerüchte aus, denen in den letzten Tagen Gegenteiliges zu entnehmen war. Sowohl die USA als auch die zentralamerikanischen Regierungschefs hatten den Sandinisten Druck gemacht, mit den Contras zu verhandeln, obwohl dies im Friedensplan von Guatemala nicht ausdrücklich gefordert wird. Auch Totalamnestie und Aufhebung des Notstandes kommen für Nicaragua nicht in Frage, „solange die Aggression der USA anhält“. Das neunköpfige Nationaldirektorium der FSLN hatte seine kategorische Ablehnung von seinem Beratungsgremium, der Asamblea Sandinista, absegnen lassen, bevor das Kommunique veröffentlicht wurde. Ein Eingehen auf die Bedingungen der Contras bedeute „die Rückkehr zur Vergangenheit der institutionalisierten Ausbeutung“, heißt es in der Begründung. Mit dieser Erklärung weisen die Sandinisten die Interpretation der anderen Regierungen zurück, wonach der Dialog mit den Contras die Voraussetzung für die vollständige Erfüllung des Friedensabkommens sei. Das Argument, daß auch die Regierungen von El Salvador und Guatemala mit den jeweiligen Guerillabewegungen verhandelt hätten, läßt Managua nicht gelten. Der Vertrag Esquipulas II unterscheidet zwischen „irregulären Kräften“ und „Aufstandsbewegungen“. Nicaraguas Außenminister Miguel dEscoto hat vor wenigen Tagen in San Jose klargestellt, daß die Contras unter die erstgenannte Kategorie fallen, weil sie von außen finanziert und gesteuert werden. Verhandlungen seien daher nur mit den Auftraggebern sinnvoll, also mit den USA. Der Schlüssel zum Frieden, so führt das Dokument aus, sei die gleichzeitige Erfüllung aller Auflagen durch alle Signatare. Wenige Tage vor dem Stichtag, dem 5. November, an dem sich zeigen muß, welche Länder das Abkommen erfüllen und welche nicht, lassen sich die Sandinisten auf eine gefährliche Gratwanderung ein. Einerseits gibt ihnen der Vertragstext recht, andererseits hat niemand ein größeres Interesse an der vollständigen Erfüllung des Friedensplans als die wirtschaftlich ruinierten Sandinisten. Kein anderes Land hat so viele Vorleistungen gegeben wie Nicaragua. Gleichzeitig haben die USA die Feindseligkeiten keineswegs eingeschränkt. Im Gegenteil: die Spionage– und Nachschubflüge für die Contras werden ungebrochen fortgesetzt. In den letzten Tagen wurden von der sandinistischen Regierung mehrmals die „Mütter von Helden und Märtyrern“ sowie Gewerkschaften und Studenten für Demonstrationen gegen eine Total–Amnestie mobilisiert. Zielscheibe waren die von der Christlich–sozialen Partei organisierten „Mütter der politischen Gefangenen“ und die antisandinistische „Permanente Menschenrechtskommission“, die beide von den USA subventioniert werden. Guerilla El Salvadors verhandelt nicht Mexico/Costa Rica (dpa/afp/ taz) - Die salvadorianische Befreiungsbewegung FMLN/FDR entschloß sich am Donnerstag, die Gespräche mit der Regierung El Salvadors abzubrechen. Das nächste Treffen war für den gestrigen Freitag in Mexico geplant. In einem Kommunique der FMLN teilte die Guerilla mit, die Ermordung des Präsidenten der salvadorianischen Menschenrechtsorganisation zeige, daß Regierung und Militär nicht gewillt seien, Entführungen einzudämmen. Die Außenminister der fünf mittelamerikanischen Staaten haben am Donnerstag in Costa Rica in einer gemeinsamen Erklärung beschlossen, daß der Friedensplan von Guatemala ab 5. November in seine Realisierungsphase treten soll. Dann sollen Waffenstillstände, Amnestien, demokratische Reformen und die Unterbindung des Gebrauchs eigener Territorien für bewaffnete Gruppen eingeleitet werden. Eine internationale Kommission mit Vertretern der Contadora–Staaten, der UN und der OAS soll die Umsetzung dieser Ziele bis zum Gipfeltreffen der zentralamerikanischen Präsidenten im Januar 1988 überwachen. Zum fünften Punkt des Friedensplans, der Einstellung jeder Unterstützung von bewaffneten Gruppen durch Staaten, konnten sich die fünf Regierungsvertreter nicht einigen.
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