: P O R T R A I T Ein Saubermann weniger
■ Der Führer der „Moral Majority“ in den USA, Jerry Falwell, ist am Dienstag zurückgetreten / Folgen des „Watergate der evangelischen Christenheit“
Berlin (taz) - Schon in aller Frühe strahlt Saubermann Nummer eins der US–Nation von den TV– Bildschirmen, mahnt in den Radios seine Landsleute, nicht den Kauf von südafrikanischen Krueger–Rand–Goldmünzen zu vergessen. Anderntags fordert der eifrige Gottesdiener die A Fernsehstationen wollen mit seinen vorgefertigten Auftritten beliefert, der „Moral Majority Report“, eine Zeitung mit Millionenauflage, muß mit Artikeln versorgt werden. Nebenbei managt er aus seinem Hauptquartier in dem Städtchen Lynchburg/ Virginia ein Geschäftsimperium, das mit Hotels, Immobilien und TV–Werbung Millionen umsetzt. Seit März verwaltet er auch noch das Imperium seines Amtskollegen und Rivalen Jim Bakker, der damals über einen Sexskandal stolperte. Zudem hatte der erzkonservative Protestant zusammen mit seiner Ehefrau die reichlig geflossenen Spendendollars für den Kauf von Pelzmänteln, Luxusautos und Eigenheimen mißbraucht. Die Übernahme des Bakker–Unternehmens PTL war allerdings auch für Falwell ein zu großer Brocken. Am Dienstag trat er von der Leitung der von ihm selbst gegründeten „Moralischen Mehrheit“ zurück, nicht ohne warnend zu erklären, daß die Bakker–Affäre das „Watergate der evangelikalen Christenheit“ geworden sei. Bakker hinterließ nämlich nicht nur ein 170 Millionen Dollar schweres Geschäfts–Imperium, sondern ebenfalls 62 Millionen Dollar Schulden. Mißtrauen der Bakker–Gemeinde und Schwierigkeiten bei finanziellen Transaktionen brachten den Steigbügelhalter Reagans und Chefideologen der moralischen US–Revolution am Ende der Reagan–Ära dazu, seinen Hut zu nehmen. Ein Freundenfest für alle aufgeklärten Geister in den USA. Michael Fischer
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen