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Raketenzwist bei der NATO–Planungsgruppe

■ Belgien will die Stationierung von Marschflugkörpern unabhängig von der Ratifizierung des Mittelstreckenraketenvertrages aussetzen / Weinberger beharrt auf Fortsetzung der Stationierung bis Vertrags–Ratifizierung / Emphatische Reagan–Rede in Washington

Monterey/Washington (dpa/ taz) - Der alte Herr gebrauchte wieder einmal große Worte. Ganz im bekannten Stil beteuerte Ronald Reagan am Mittwoch die „Einheit, Stärke und Entschlossenheit“ des westlichen Bündnisses, das auch von der Abschaffung der atomaren Mittelstreckenraketen nicht bedroht sei. Doch obwohl das Abkommen noch nicht einmal unterzeichnet ist, macht sich bereits Zwist unter den NATO–Brüdern breit. Bei einem Treffen der „Nuklearen Planungsgruppe“ (NPG) von Verteidigungsministern aus 15 NATO–Staaten erklärte Belgiens Vertreter Francois–Xavier de Donnea, sein Land werde die für Mitte nächsten Jahres vorgesehene Stationierung der letzten 16 von insgesamt 32 Marschflugkörpern nicht mehr vornehmen, wenn der Mittelstreckenvertrag unterschrieben, möglicherweise aber wegen innenpolitischer Probleme durch den US–Senat noch nicht ratifiziert worden sei. Die Nicht–Ratifizierung durch den Senat könne „eine äußerst ernste Vertrauenskrise zwischen den USA und Europa auslösen“, warnte er. Sein niederländischer Kollege Wim van Eekelen sagte, seine Regierung gehe davon aus, daß die „doppelte Null–Lösung“ Mitte nächsten Jahres ratifiziert sei und sich die für dann geplante Aufstellung von 32 Marschflugkörpern erübrige. Auch der britische Verteidigungsminister Younger wollte keine Verpflichtung eingehen, daß Großbritannien bis zur Vertrags–Ratifizierung weiterstationiere. US–Verteidigungsminister Caspar Weinberger (dessen Rücktritt kurz bevorsteht) warnte dagegen seine Kollegen, daß das Mittelstreckenabkommen erst mit seiner Ratifizierung rechtskräftig werde und bis dahin die Stationierung von Mittelstreckenraketen des Typs Pershing–II und Marschflugkörpern in der Bundesrepublik, Großbritannien, Italien, Belgien und den Niederlanden fortgesetzt werde. Zu Unruhe innerhalb der Allianz führte ebenfalls die Erklärung, daß auch über die „Modernisierung“ der noch verbleibenden atomaren Kurzstreckenraketen diskutiert wurde. Diese bis zu 500 km weit reichenden Raketen sollen nach dem Willen der Bundesregierung in Abrüstungsverhandlungen miteinbezogen werden. Generell bestand eher Desinteresse an den Kurzstreckenraketen. Die nächsten Abrüstungsbemühungen müßten sich vielmehr auf die angebliche konventionelle Überlegenheit der Warschauer Pakt–Truppen konzentrieren. Mit Blick auf die Stahlhelmfraktion um Dregger und Waigel zuhause warnte deshalb Verteidigungsminister Wörner: „Einige unserer Alliierten“ - vor allem die USA, Großbritannien und Frankreich - zeigten „äußerste Zurückhaltung gegenüber jetzt sofort anschließenden Rüstungskontrollverhandlungen auf nuklearem Gebiet“. Sie hätte „die Sorge, daß das in der Folge zu einer weiteren Null–Lösung und damit zur Denuklearisierung Europas führen könnte“. Die Bundesregierung werde sich aber „mit der sowjetischen Überlegenheit bei Kurzstreckenwaffen nicht abfinden“. Auch über Möglichkeiten zur „Umstrukturierung“ des Waffenbestandes - etwa durch die Einführung von Marschflugkörpern, die von Flugzeugen oder U–Booten aus die Sowjetunion treffen könnten, ist nach Worten von US– Verteidigungsminister Weinberger nur diskutiert worden.

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