: Barschels „Intimus“ redet sich raus
■ Ehemaliger stellvertretende Regierungssprecher Ahrendsen erneut vor Ausschuß / Die zentrale Figur der Barschel–Pfeiffer–Affäre meint, nur Gutes getan zu haben / Wieder Diskussion um Telefonat vom 8.September
Aus Kiel Henrich Fenner
Ein halbstündiges Plädoyer für seine Unschuld hielt gestern der ehemalige stellvertretende Regierungssprecher Herwig Ahrendsen vor dem Kieler Untersuchungsausschuß. Im Gegensatz zu Aussagen von Pfeiffer, der ihn als „Schlüsselfigur in dem ganzen Skandal“ bezeichnete, will Ahrendsen an fast gar nichts beteiligt gewesen sein. Fragen der Ausschußmitglieder wollte er mit Hinweis auf ein laufendes Ermittlungsverfahren bei der Kieler Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Falschaussage nicht beantworten. Zentraler Punkt des Ermittlungsverfahren gegen Ahrendsen ist seine Behauptung, er, nicht Barschel, habe am Abend des 8.September über das Autotelefon des Ministerpräsidenten Pfeiffer angerufen. Thema sei auch nicht die Wanzenbeschaffung für Barschels Diensttelefon gewesen, sondern eine Abmahnung für den sogenannten „Kindersex–Artikel“ in der CDU– Wahlkampfzeitung. Pfeiffer hatte dagegen eidesstattlich versichert, an diesem Tag dreimal von Barschel wegen der Wanzenbeschaffung angerufen worden zu sein, zuletzt am Abend nach einem Redaktionsbesuch bei der Bild– Zeitung in Hamburg. Nominell immer die Nummer Zwei in der Regierungspressestelle, stieg Ahrendsen nach Barschels Flugzeugabsturz zu dessen „Intimus“ auf. Der verstorbene Ministerpräsident habe während seines mehrwöchigen Kranken hausaufenthalts „meine Nähe gesucht“, weil „ich die Aufmunterung und den Optimismus verbreiten konnte, den er so nötig brauchte, damit er wieder fit wird“. Das Verhältnis zwischen Barschel und Pfeiffer sei in dieser Zeit „abgekühlt“. Bereits in einer früheren Aussage hatte er seine Intimus–Rolle unterstrichen: Nicht Pfeiffer, sondern nur er sei zwei– bis dreimal die Woche beim „MP dringewesen“. Und er schrieb PR– Texte, um Barschel „wo auch immer positiv darzustellen, auch für die CDU–Wahlkampfbroschüre „Schönes Schleswig–Holstein“. „Die scharfe Trennungslinie zwischen Regierung und Partei“ habe er „nie gezogen“. Ahrendsen war im Oktober 1986 in der Staatskanzlei zum stellvertretenden Regierungssprecher ernannt worden. Noch vor dem Bekanntwerden des „Waterkantgate“ wurde er, nachdem er im Mai 87 auch CDU–Mitglied wurde, als möglicher Leiter der Pressestelle gehandelt. Sein Rücktritt Anfang Oktober hat seine Blitzkarriere beendet und ihn in die Bauabteilung der Oberfinanzdirektion verschlagen.
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