: D O K U M E N T A T I O N Plädoyer gegen eine Spaltung der Grünen
■ 23 Grünen–Abgeordnete schreiben an die Parteibasis: Nicht persönliche Eitelkeiten, sondern inhaltliche Differenzen liegen dem Streit der Grünen zugrunde / Frage der Gewaltfreiheit und der Parlamentsarbeit gilt es zu klären
Nicht 24, sondern 23 Abgeordnete der Grünen haben sich in einem Brief an die Basis der Partei gewandt, um Spaltungsgerüchten über die Bundestagsfraktion entgegenzuwirken. Ulrich Briefs gehört entgegen unserer Meldung (taz vom 27.11.) nicht zu den Unterzeichnern. Unterschrieben hat dagegen der gesamte Mittelblock von Beer über Kreuzeder, Lippelt, Kelly, Vollmer, Nickels, Mechtersheimer, Stratmann, Krieger bis Schilling, aber auch Fundis und Realos. Der Brief soll auch bei der Fraktionsklausur am 8.12. zur Diskussion gestellt werden. Mit weiteren unterzeichnungswilligen Abgeordneten wird gerechnet. Wir dokumentieren den Brief in Auszügen: „Wieder einmal bieten DIE GRÜNEN auf Bundesebene - Bundestagsfraktion und Bundesvorstand - ein Bild von Streitsucht und Zerrissenheit. Und das in aller Öffentlichkeit. Die Gefahr, daß der Konflikt sich verselbständigt, ist groß. Dabei sind wir davon überzeugt, daß der jetzige zugespitzte Streit nicht in erster Linie ein Ausdruck per sönlicher Eitelkeiten ist, wie oft gesagt wird, sondern daß diesem Streit inhaltliche Fragen zugrundeliegen, die die Partei von ihren Anfängen an ungeklärt mit sich schleppt, und die im scharfen Licht der Öffentlichkekt, in dem die Fraktion steht, aufbrechen. Alle, die diesen Brief unterschrieben haben, stehen für eine mögliche Spaltung der Fraktion nicht zur Verfügung. Sie widersprechen dieser Idee auf das Entschiedenste und werden sich auch an Debatten über dieses Thema in keiner Weise beteiligen. Wir sind uns einig darin, daß wir in zwei Grundfragen GRÜNER Politik eindeutig und klar Stellung nehmen müssen. Das eine betrifft die Frage der Gewaltfreiheit, die eine der vier Säulen der GRÜNEN Programmatik darstellt. Damit haben wir uns ein für allemal festgelegt auf eine Politikform, die wir für unaufgebbar ansehen. Die Gewaltfrage ist für die GRÜNE Partei entschieden. Sie konkretisiert sich beispielsweise in der Ablehnung von Gewalt, sowohl von seiten der Demonstranten (z.B. Ächtung der Zwillen als mörderische Schußwaffen, von Molotow– Cocktails und Steinwürfen) als auch von seiten des Staates (Aufrüstung der Polizei, Abbau von Bürgerrechten). Dafür offensiv und selbstbewußt einzutreten, gehört zu den Hauptaufgaben einer pazifistischen Partei. Der zweite Punkt betrifft unsere grundsätzliche Bereitschaft, auch mit parlamentarischen Mitteln politische Veränderungen zu bewirken. Wir können nicht im Parlament sein und gleichzeitig so tun, als wären wir eigentlich nicht hier. Aus diesen beiden grundsätzlichen Positionen gibt es eine ganze Reihe von Fragen, die die GRÜNEN Politikerinnen und Politiker umtreiben und beschäftigen. Das reicht von der NATO–Frage bis zum Staatsverständnis. In diesen Fragen sind wir der Meinung, daß die GRÜNE Partei es durchaus verträgt, schon aufgrund der unterschiedlichen Milieus und Traditionen, aus denen unsere Mitglieder– und WählerInnen kommen, unterschiedliche Meinungen auszuhalten.
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