: Geständnis im Mordfall „Yavuz“
■ Ein „Göcmen“–Mitglied erklärte, aus Versehen seinen Freund „Yavuz“ Aydin Erol erschossen zu haben
Aus Hamburg Reiner Scholz
„Ich bin verantwortlich für den Tod meines Freundes“. Mit diesen Worten beginnt eine persönliche Erklärung des Göcmen–Mitglieds Yilmaz U. (34), die er vorgestern zur Veröffentlichung der taz in Hamburg übergab. Er habe in der gewalttätigen Auseinandersetzung mit der rivalisierenden politischen Gruppe „Dev Genc“ (Revolutionäre Jugend) in einem Hamburger Restaurant im Eifer des Gefechts „die Waffe gezogen“. Nach seinen Worten hat er „auf den Boden gezielt, um die offensichtlich bedrohliche Situation aufzulösen“, dabei sei sein lang jähriger persönlicher und politischer Freund „Yavuz“ Aydin Erol (31) tödlich verletzt worden. Mit diesem persönlichen Geständnis hat „Göcmen“–Anhänger und Ex–Dev–Yol–Mitglied Yilmaz U. Spekulationen über den Todesschuß beendet, die das Klima innerhalb der beteiligten Gruppen „Dev Genc“ und „Göcmen“, aber auch in Beziehung zu den westdeutschen Freunden erheblich belastet hatten. Das tragische Ereignis hatte sich am 23. Oktober blitzschnell entwickelt. Damals kehrten zu später Nachtstunde Flugblattverteiler der Gruppe „Dev Genc“ in das türkische Restaurant „Emek“ am Schulterblatt zurück, wo sie drei Stunden zuvor von feiernden „Göcmen–Leuten“ wegen der Unterzeichner des Flugblattes heftig beschimpft worden waren. Unterschrieben hatte nämlich auch eine Untergruppierung der PKK (“Feyka Kurdistan“), der „Göcmen“ vorwirft, Kritiker aus den eigenen Reihen zu liquidieren und auch führende Genossen anderer Organisationen aus politischem Kalkül getötet zu haben, darunter den führenden „Göcmen“–Sympathisanten Kürsat Timuroglu. Vor diesem Hintergrund entwickelte sich der politische Streit in der Kneipe, etliche Personen beider Lager erlitten damals schwere Kopfverletzungen, zwei Dev–Genc–Mitglieder wurden durch Messerstiche schwer verletzt, „Yavuz“ Aydin Erol erlag einer querschlagenden Kugel. Bis vorgestern hüllten sich Göcmen–Leute über den genauen Tathergang in Schweigen, während die Dev–Genc–Sympathisanten vor der Staatsanwaltschaft bekanntermaßen Yilmaz U. als Täter angegeben hatten. Mit seinem Geständnis hat Yilmaz U., der unterdessen auf freien Fuß gesetzt wurde, der Staatsanwaltschaft nun einen Teil der Arbeit abgenommen, die auf „fahrlässige Tötung“ ermittelt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen