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D O K U M E N T A T I O N Autonome Zellen zu Militanz und Strategie

■ Bekennerbrief AutonomerZellen zum Anschlag auf US–Militärzug / Kritik an den Frankfurter Schüssen / Dokumentation in Auszügen

Am 28./29.11.1987 haben wir in Bremen und am 30.11.87 in Hannover den US–Militärzug, der täglich von Bremerhaven nach Berlin fährt, angegriffen. (...) Wenn wir dieses Ziel angreifen, so tun wir das nicht in dem Glauben, den US–Militärs einen entscheidenden Schlag zu versetzen. (...) Für uns ist revolutionäre Militanz wichtig in konkreten Auseinandersetzungen, sie ersetzt aber nicht eine genaue Analyse der Klassenverhältnisse hier. Wenn wir sagen: „Ohne Theorie keine Revolution“, dann bedeutet das nichts anderes, als eben die konkrete Aktion, unbesehen der aktuellen Tagesereignisse, der politischen Strategie in unserem Kampf für eine revolutionäre Veränderung unterzuordnen - wobei Kreativität und Spontaneität bestimmt hilfreich sind. Warum sagen wir das? Um den Glorienschein der Militanz aber auch der Kurzlebigkeit vieler Einpunktbewegungen entgegenzutreten. Es ist nun mal so, daß wir die Welt nicht in drei Tagen verändern können. (...) Mit der Erarbeitung eines umfassenden politischen Konzeptes schaffen wir die Grundlage dafür, daß unser Handeln nicht Ratlosigkeit hervorruft, sondern als konkrete Umsetzung unserer Strategie begriffen und verstanden wird. (...) Nehmen wir als Beispiel die Schüsse an der Frankfurter Startbahn. Das führte bei vielen Menschen zu Betroffenheit, Verwirrung, Ratlosigkeit. Hektische Betriebsamkeit in eiligst angesetzten Diskussionsrunden war die Folge. Wir sagen dazu: Solche Diskussionen hätten schon viel eher und, was noch wichtiger ist, ohne die Frankfurter Vorfälle geführt werden müssen! An den Frankfurter Vorfällen kritisieren wir insbesondere: die ungenau geführte Diskussion über den Einsatz von Gewalt. Ein stillschweigender Konsens über die Verhältnisse auf Demos kann nicht die notwendige Diskussion über den jeweiligen Einsatz revolutionärer (Gegen)–gewalt ersetzen. Nur äußerste Genauigkeit und Gründlichkeit bewahren uns angesichts der Freiräume, die wir uns erkämpfen wollen und die uns beim Zurückdrängen der staatlichen Macht auch zwangsläufig zufallen (1.MaiKreuzberg) vor Fehlern. Und genau an diesem Punkt kann auch nur die Diskussion über den Einsatz von aktiver Bewaffnung (wie eben der Knarrengebrauch an der StartbahnWest) entlanggehen. Wir fragen uns, welche politischen Veränderungen machten den Einsatz von Pistolen im Rahmen von Demos notwendig? Was sollte ereicht werden, was anders nicht ging? Das ist bislang unklar und sollte benannt werden. In welchen Fragen und Zusammenhängen sehen wir nun unsere Aktionen gegen die Militärzüge? - Grundüberlegung unseres Angriffes ist, daß bei der revolutionären Umwälzung der Verhältnisse in der BRD eine organisierte politische Kraft notwendigerweise für die Umsetzung ihrer Ziele auch militärisch vorgehen muß. Trotz der jetzigen relativen Schwäche der revolutionären Bewegung muß bereits heute schon eine kräftemäßig adäquate militante Struktur entwickelt werden. Das beinhaltet, daß den militanten Gruppen keine Eigendynamik zusteht, sondern sie an der Umsetzung der politisch bestimmten Ziele zu arbeiten haben. - Bei der Auswahl des Ziels unserer Aktion liegt die Einschätzung zu Grunde, daß die USA als imperialistische Großmacht der Kriegstreiber überhaupt sind. (...) - Die Ausführung der Attacke wurde bestimmt von unserem technischen Ziel der Beschädigung des Zuges unter Vermeidung von Personenschäden. (...) Autonome Zellen

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